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Palmer fordert: 3G in Gastronomie, 3G+ in Clubs und Einkaufen ohne Kontrollen

Winfried Kretschmann will an den Corona-Regeln im Land festhalten. Viele kritisieren das, darunter auch Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Er fordert umfassende Lockerungen.

Boris Palmer
Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister von Tübingen. Foto: Marijan Murat
Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen), Oberbürgermeister von Tübingen.
Foto: Marijan Murat

STUTTGART/TÜBINGEN. Viele Menschen sehnen sich derzeit nach Normalität. Winfried Kretschmann hat diese Hoffnungen mit nur einem Satz zunichtegemacht. »Wir brechen keine Debatte über Exitstrategien vom Zaun – das wäre völlig unangemessen und das völlig falsche Signal«, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident gestern in Stuttgart. Bis mindestens Mitte April sehe er keinerlei Chancen für das Ende von Corona-Beschränkungen. Für diese Aussagen erntet der Grünen-Politiker Kritik aus allen Richtungen. Auch Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer widerspricht.

»Es ist Zeit, die Maßnahmen zurückzufahren«, schreibt der OB heute auf seiner Facebookseite. Enden müssen aus seiner Sicht sämtliche Maßnahmen, die viel Schaden anrichten, aber wenig nutzen. Und zwar schnell. Dazu gehört für ihn 3G im Einzelhandel und 2G in der Gastronomie. Palmers Vorschlag: »3G sollte in der Gastronomie gelten und auch Clubs sollten mit 3G+ wieder aufmachen dürfen.« Außerdem sollte Einkaufen ohne Kontrollen möglich sein. »Im Einzelhandel reichen Abstand und Maske völlig.« Zusätzlich fordert er eine Perspektive für Restaurant- und Kneipen-Besitzer. »Sonst findet sich bald niemand mehr, der den Job macht.«

Palmer: Omikronwelle bricht ab

Die Lockerungen rechtfertigt Palmer so: »Die Inzidenz steigt nicht mehr. Der R-Wert sinkt seit einer Woche. Das heißt, die Omikronwelle bricht ab. In den Krankenhäusern ist kein Anstieg zu beobachten. Von einer Überlastung sind wir weit entfernt.« Damit hat der Rathauschef teilweise recht. Seit 1. Januar hat sich die Zahl der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen landesweit von 510 auf 271 (Stand Dienstag) verringert. Die Hospitalisierungsinzidenz ist im gleichen Zeitraum hingegen von 2,9 auf 5,4 gestiegen. 

Der Landesvater bezeichnet die Situation im Land als dramatisch. Vertreter aus Wirtschaft und Handel sehen das ähnlich, haben dabei aber weniger das Infektionsgeschehen, als vielmehr die eigene Branche im Blick. »Viele Betriebe sind mittlerweile existenziell bedroht, unsere Innenstädte drohen im Rekordtempo zu veröden«, zitiert die Deutsche Presseagentur den Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages (BWIHK), Wolfgang Grenke. Es sei nicht mehr möglich, weiter auf Sicht zu fahren. Die betroffenen Branchen bräuchten »ein klares Signal, was ab Frühjahr wieder möglich sein wird«.

Kritik an Kretschmann

Die Südwest-Wirtschaft sieht das ähnlich. »Wir sind über die rigide Haltung des Ministerpräsidenten doch erstaunt«, sagt Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Südwestmetall, der dpa. »Mögliche Lockerungen der Corona-Maßnahmen oder zumindest Überlegungen dazu dürfen nicht einfach durch Vorfestlegungen ausgeschlossen werden.« Mit einer solchen Vorgehensweise gerate das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zunehmend ins Wanken. (GEA/dpa)