Logo
Aktuell Polizei

Kriminalstatistik für Stadt und Landkreis Reutlingen: Nach Corona-Delle mehr Straftaten

Polizei
Ein Polizei-Revier (Symbolbild). Foto: Boris Roessler
Ein Polizei-Revier (Symbolbild).
Foto: Boris Roessler

REUTLINGEN. Die Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums Reutlingen weist für das Jahr 2022 im gesamten Präsidiumsbereich (zuständig für die Landkreise Reutlingen, Tübingen, Esslingen und Zollernalb) mit 3.991 Straftaten pro 100.000 Einwohner (2021: 3.547) eine um 12,5 Prozent höhere Kriminalitätsbelastung als im Vorjahr aus. Sie befindet sich dennoch markant unter dem landesweiten Durchschnitt in Baden-Württemberg (4.944 Straftaten) und weiterhin unter dem Niveau der Jahre vor der Corona-Pandemie. Die Gesamtzahl der Straftaten liegt trotz deutlichem Anstieg auf dem zweitniedrigstem Stand der vergangenen 20 Jahre.

Im Landkreis Reutlingen wurden laut Bericht mit 12.905 Straftaten insgesamt 1.870 Fälle und damit 16,9 Prozent mehr erfasst als 2021 (11.035). Die Aufklärungsquote ging um 2,3 auf 60,6 Prozent zurück. Die Kriminalitätsbelastung erhöhte sich um 16,7 Prozent von 3.838 (2021) auf 4.478: Dies entspricht der höchsten Belastung aller Kreise im Polizeipräsidium Reutlingen. Die Zahl der Tatverdächtigen erhöhte sich um 13,4 Prozent auf 5.707.

Die Täter

74,7 Prozent der Täter waren männlich, fast die Hälfte Wiederholungstäter. Gut 11 Prozent der Tatverdächtigen standen unter Alkoholeinfluss, rund 10 Prozent unter Drogen. Wie im Vorjahr führten erneut 35 Tatverdächtige in 39 Fällen eine Schusswaffe mit sich. Der Anteil der tatverdächtigen Erwachsenen betrug 76,8 Prozent. Ein gutes Drittel der Tatverdächtigen ist nichtdeutscher Herkunft. Der Anteil der 434 tatverdächtigen Flüchtlinge (ohne Ausländerrecht) lag bei 7,7 Prozent.

Bei den Kindern gab es im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs um 87, bei den Jugendlichen um 116 Tatverdächtige. Mit insgesamt 316 tatverdächtigen Kindern wurde ein Fünfjahreshoch erreicht, bei den Jugendlichen hielten sich die Anzahl von 598 knapp hinter dem Fünfjahreshoch aus dem Jahr 2019 mit 608.

Die Opfer

Insgesamt ergab sich ein deutlicher Anstieg bei den Opfern. Für die Zunahmen der Opferzahlen der Altersgruppen der Jugendlichen (plus 70,6 Prozent) und Kindern (37,5 Prozent) waren hauptsächlich Körperverletzungsdelikte und Bedrohungen ursächlich. Diese Deliktsbereiche wirkten sich auch auf die erwachsenen Opferzahlen aus. 52,5 Prozent der Kriminalitätsopfer im Landkreis standen in einer Vorbeziehung zum Täter.

Im Berichtsjahr wurden im Landkreis Reutlingen insgesamt 10 (4) Drogentote registriert: ausschließlich Männer. Das älteste Drogenopfer war 62 Jahre alt, das jüngste 19 Jahre jung.

Die Delikte

Markant (minus 10 Prozent) war auch im Landkreis Reutlingen ein Rückgang der Fallzahlen im Bereich der Rauschgiftkriminalität (834).

Bei den Körperverletzungsdelikten entwickelten sich die Fallzahlen auf ein ähnliches Niveau wie in den Jahren 2018 und 2019, allerdings verschoben sich die Fälle leicht von den einfach gelagerten hin zu den gefährlichen Körperverletzungen. Hier stiegen die Zahlen von 196 Fällen im Jahr 2021 auf 287 Fälle.

Plus 30 Prozent: Auch die Wohnungseinbruchdiebstahlsdelikte (113) zogen nach zwei rückläufigen Jahren in Folge wieder an. Auch im Landkreis Reutlingen lagen die Zahlen jedoch unter den vor der Pandemie erreichten Spitzenwerten.

Die Zuwächse in den Deliktsbereichen Widerstand/tätlicher Angriff, Diebstahl von Fahrrädern und bei Ladendiebstahlsdelikten führten zu Höchstständen im zurückliegenden Fünfjahreszeitraum.

Der starke Anstieg bei den Diebstählen von Fahrrädern um 51,1 Prozent (225 Fälle) war hauptsächlich auf den Anstieg von 198 auf insgesamt 506 Fahrraddiebstähle in der Stadt Reutlingen zurückzuführen. Mitursächlich hierfür war sicherlich die stark gestiegene Nachfrage nach Fahrrädern/Pedelecs, die zu langen Wartezeiten und höheren Kaufpreisen führten. Aufgrund dieser Entwicklung und der damit verbundenen Schadenssummen wurde im Juni 2022 eine Ermittlungsgruppe beim Polizeirevier Reutlingen gegründet. Sie bearbeitete bis Oktober 2022 abschließend 267 Straftaten. Insgesamt konnten hierbei 40 Tatverdächtige ermittelt und Fahrräder im Wert von über 150 000 Euro sichergestellt werden.

Die deutlichste Zunahme im Landkreis war im Deliktsbereich Brandstiftungen mit 59,9 Prozent (22 Fälle) zu verzeichnen. Eine Brandstiftungsserie trug zum Fallzahlenanstieg bei.

Die Tatorte: Stadt Reutlingen

Die Stadt Reutlingen hat mit einem Plus von 1 196 Fällen zahlenmäßig die höchsten Fallzugänge der Städte und Gemeinden im Präsidiumsbereich. Die Zugänge beruhen vorwiegend auf dem Anstieg bei den Diebstahlsdelikten (plus 862 auf 2 345 Fälle). Hinzu kommen deutliche Mehrjahreshochs bei den Raubstraftaten, seit 2003 die höchste jeweils registrierte Zahl an Fällen (plus 12 auf 57 Fälle) und bei den gefährlichen/schweren Körperverletzungen (plus 62 auf 260, seit 2011 die höchste Fallzahl). Reutlingen bleibt mit der Häufigkeitszahl von 6 202 trotz allem die Großstadt mit der geringsten Kriminalitätsbelastung in Baden-Württemberg.

Die Tatorte: Kreis Reutlingen

Die Straftatenzuwächse der meisten Städte und Gemeinden im Landkreis resultieren vorwiegend aus den Anstiegen

im Bereich der Diebstahlskriminalität. Betroffen hiervon sind die Gemeinden Grafenberg (plus 8 auf 10 Fälle), Römerstein (plus 21 auf 29 Fälle), Hayingen (plus 7 auf 12 Fälle), Hülben (plus 8 auf 12 Fälle), Sankt Johann (plus 4 auf 22 Fälle) und Eningen (plus 27 auf 95 Fälle), die noch mit weiteren Zunahmen bei den Betrugsdelikten belastet waren.

In der Gemeinde Römerstein verursachte eine Aufbruchs- und Diebstahlserie von Werkzeugen aus Handwerkerfahrzeugen einen Anstieg der Diebstähle um 10 Fälle (2021: 0). Alle Taten konnten aufgeklärt werden. Zudem waren in der Albgemeinde fünf weitere Körperverletzungsdelikte (2021: 4) zu verzeichnen.

In Mehrstetten wurden außer dem Anstieg der Diebstahlsdelikte um 3 auf 7 Fälle, auch 7 Rauschgiftstraftaten (2021: 2) und fünf Körperverletzungen (2021: 3) registriert.

Mit 22 Delikten mehr als 2021 war die Gemeinde Gomadingen durch Anstiege bei den Körperverletzungen (von 3 auf 9 Fälle) und Rauschgiftdelikten (von 0 auf 6 Fälle) sowie aufgrund eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens einer Ermittlungsgruppe unter anderem mit 14 Fällen des unerlaubten Glückspiels (0 auf 14 Fällen) belastet.

Ein Fünfjahreshoch mit 703 Straftaten ergab sich in Münsingen. Insbesondere im Bereich der Urkundenfälschungen waren es 60 Fälle mehr als im Vorjahr (2021: 6). Die Sachbeschädigungen stiegen um 36 auf 104, die Betrugsdelikte um 34 auf 75 Fälle. Weitere Zunahmen gab es bei den gefährlichen/schweren Körperverletzungen (plus 10 auf 19 Fälle) und Bedrohungen (plus 16 auf 26 Fälle).

Die im Vorjahr historisch niedrige Kriminalitätsbelastung in der Stadt Metzingen hat sich 2022 wieder an die Jahre vor der Pandemie angeglichen. Mit einem Zugang von 225 Diebstählen (gesamt: 665 Fälle) erreicht die Fallzahl wieder in etwa das Niveau von 2019 (679 Fälle). Damit sind die Ursachen klar auf die Beendigung des Lockdowns in der Outlet-City zurückzuführen.

Mit der Zunahme um 60 auf 180 Fälle verzeichnet die Gemeinde Zwiefalten die höchste Kriminalitätsbelastung seit 2003. Die Steigerung zum Vorjahr erklärt sich insbesondere durch die Anstiege bei den Rohheitsdelikten (plus 18 auf 65 Fälle), Sachbeschädigungen (plus 13 auf 24 Fälle) und Diebstahlsdelikten (plus 8 auf 27 Fälle) sowie einem Plus von 7 auf 11 beim Hausfriedensbruch. Die hohe Kriminalitätsbelastung steht im Zusammenhang mit dem Zentrum für Psychiatrie (Münsterklinik). Allein 70 Straftaten und damit knapp 40 Prozent aller Delikte wurden mit dem Tatort »Münsterklinik« erfasst.

Mit 14 Straftaten und der Häufigkeitszahl von 922 wies die Gemeinde Pfronstetten die niedrigste Kriminalitätsrate der Kommunen im Kreis auf. (pol/GEA)