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Aktuell Pandemie

Regierung will für schnellere Impfstoff-Produktion sorgen

Wie kommt Deutschland an mehr Impfstoff - und wie kommt der schneller zu den Menschen? Nach harscher Kritik an der Bundesregierung beraten darüber nun mehrere Minister. Gute Nachrichten zum Impfen werden von zudem aus Amsterdam erwartet.

Impfzentrum in Potsdam
Fertig aufgezogene Spritzen liegen in der Metropolishalle des Filmparks Babelsberg im neu eröffneten Zentrum für das Impfen gegen Corona in Schalen aus Pappe. Foto: Soeren Stache/dpa
Fertig aufgezogene Spritzen liegen in der Metropolishalle des Filmparks Babelsberg im neu eröffneten Zentrum für das Impfen gegen Corona in Schalen aus Pappe.
Foto: Soeren Stache/dpa

BERLIN. Nach der Verlängerung und Verschärfung der Einschränkungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie nimmt die Bundesregierung Engpässe beim Impfen in den Blick.

An diesem Mittwoch will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihren zuständigen Ministern beraten, wie Deutschland rasch an mehr Impfstoff kommen kann. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sagte im ARD-»Morgenmagazin«, man müsse »alles dafür tun«, dass in Deutschland und Europa genug Impfstoff produziert werde und zur Verfügung stehe. Was der Gesundheit helfe, sei nicht immer gleich wirtschaftlich für die Unternehmen.

Neben Gesundheitsminister Jens Spahn sollen an der Beratung auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier und der Chef des Bundeskanzleramtes Helge Braun (alle CDU) sowie Scholz teilnehmen. Zuletzt hatte die SPD Spahn scharf kritisiert und ihm Fragen rund um das Thema Impfen vorgelegt. SPD-Kanzlerkandidat Scholz wies zurück, dass es dabei vor allem um den Wahlkampf gehe. »Es geht um eine sehr ernste Sache«, sagte er, »nämlich um die Frage, ob wir die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes gut beschützen können.«

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte im »Morgenmagazin«, er könne auch als Arzt nicht verstehen, dass der bereits gelieferte Impfstoff erst zu knapp einem Viertel auch verabreicht worden sei. Der Impfstoff müsse zu den Menschen gebracht werden, denn »wie Waschstraßen« geplante Impfzentren funktionierten für junge, mobile Menschen, aber nicht für ältere, die wegen ihres höheren Risikos zuerst geimpft werden sollen. Stattdessen müssten verstärkt Hausärzte und mobile Impfteams zum Einsatz kommen. »Wir müssen den Impfstoff zu den Menschen bringen«, forderte Dahmen. Da seien auch die Grünen in den Landesregierungen gefordert.

In den vergangenen war breite Kritik an der Strategie der Bundesregierung und auch der Länder für das Beschaffen, Verteilen und Spritzen der Impfdosen laut geworden. Der Fraktionsvize der FDP im Bundestag, Michael Theurer hatte einen Untersuchungsausschuss ins Spiel gebracht, die Linke will eine Sondersitzung des Bundestags beantragen.

Merkel hatte am Dienstag gesagt, es gebe die berechtigte Hoffnung, dass der Hersteller Biontech in seiner geplanten Produktionsstätte in Marburg Ende Februar oder im März starten könne. Dies würde für Biontech und seinen Partner Pfizer die Möglichkeiten »sehr stark« erhöhen. Bisher wird in der EU nur dieser Impfstoff gespritzt. Die Europäische Arzneimittel-Behörde EMA in Amsterdam wird an diesem Mittwoch voraussichtlich die Zulassung des Covid-Impfstoffes des US-Herstellers Moderna empfehlen. Die Zustimmung der EU-Kommission gilt dann als Formsache.

Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx, warb bei den Kritikern für mehr Zurückhaltung. »Es entsteht ein Eindruck, als sei etwas gescheitert, was noch nicht mal richtig angefangen hat«, sagte sie der »Saarbrücker Zeitung« (Mittwoch). »Es läuft zwar nicht so schnell, wie ich mir das wünschen würde. Aber es war absehbar, dass der Impfstoff am Anfang knapp ist.« Die Professorin Buyx rief zu »mehr Augenmaß« auf, der Ton sei ihr »etwas zu negativ.« Kritische Fragen seien in Ordnung, aber wichtig sei, auch zu vermitteln, »dass wir endlich einen Weg aus der Pandemie vor uns haben«.

Am Dienstag hatten Bund und Länder sich darauf geeinigt, bestehende Einschränkungen für die Bürger bis Ende Januar zu verlängern und teils zu verschärfen. Künftig sollen private Treffen nur noch mit einer Person, die nicht zum eigenen Haushalt gehört, erlaubt sein. Die Länder sollen für Kreise, in denen sich binnen sieben Tagen mehr als 200 Menschen pro 100.000 Einwohner neu infiziert haben, den Bewegungsradius der Bürger auf 15 Kilometer um den Wohnort begrenzen - damit ist Merkel zufolge nicht die Wohnadresse, sondern zum Beispiel die Stadt gemeint.

Ziel ist, die anhaltend hohe Zahl der Neuinfektionen zu senken. Wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Mittwochmorgen bekanntgab, haben die Gesundheitsämter 21.237 Corona-Neuinfektionen binnen eines Tages gemeldet. Außerdem wurden 1.019 neue Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus innerhalb von 24 Stunden verzeichnet. Eine Interpretation der Daten bleibt schwierig, weil um Weihnachten und den Jahreswechsel Corona-Fälle laut RKI verzögert entdeckt, erfasst und übermittelt wurden. Es wurde deutlich weniger getestet. Das RKI geht davon aus, dass die Daten frühestens Ende nächster Woche/Anfang übernächster Woche wieder belastbar sind, wie es auf Anfrage hieß.

Kurz nach den Beschlüssen vom Dienstag wurde deutlich, dass einige Bundesländer davon wohl abweichen werden. Auch im Umgang mit den Schulen zeichnet sich kein einheitliches Bild der Länder ab. Die Unterschiede zwischen den Ländern bei der Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesundheitsämter gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) sind enorm. Bundesweit lag diese am Mittwochmorgen bei 127,3. Die höchsten Inzidenzen hatten am Dienstag Sachsen mit 262,1 und Thüringen mit 244,6. Den niedrigsten Wert hatte Bremen mit 73,7. (dpa)