REUTLINGEN. Die AfD-Politiker aus dem Reutlinger Gemeinderat und dem Kreistag haben einen offenen Brief an Oberbürgermeister Thomas Keck und Landrat Dr. Ulrich Fiedler geschrieben. Zentrale Forderung des Briefes: Keck und Fiedler sollen alle Protokolle der Krisenstäbe im Landratsamt und im Rathaus, und die Weisungen an die Krisenstäbe offenlegen. Auch wird eine Offenlegung der Sicherheitsbesprechungen mit der Polizei, sowie der Weisungen der Landesregierung an Stadt und Kreis gefordert.
Der Brief, der knapp drei Seiten lang ist, ist an vielen Stellen sehr zugespitzt und populistisch formuliert. So ist unter anderem von einer »verlogenen und verbrecherischen Politik« die Rede, und von einer Zeit der »absichtsvollen Lügen, des aktiven Wegschauens und Nicht-Wissen-Wollens«. Keck und Fiedler werden aufgefordert, sich an »die Spitze der Aufarbeitung« zu stellen. Das Schreiben bezieht sich auf die jüngst veröffentlichten Protokolle des Corona-Krisenstabs des Robert-Koch-Instituts (RKI), die von einem Blog freigeklagt worden waren. Seitdem ist die Forderung nach einer Aufarbeitung der Corona-Zeit in Deutschland wieder in vieler Munde.
Forderung nach wissenschaftlicher Erklärung
Neben der Offenlegung der Protokolle fordert der AfD-Brief eine wissenschaftliche Erklärung von Stadt und Landkreis dafür, dass Demos von Corona-Maßnahmen-Kritikern im Winter 2021/22 verboten worden waren. Auch fordern die AfD-Politiker eine Rückzahlung aller Bußgelder und Anwaltskosten, sollte es keine wissenschaftliche Grundlage für das Verbot gegeben haben.
Fakt ist aber: Die Stadt hat sich mit dem Verbot damals an Landesrecht gehalten. Dem Verbot lag keine eigene Abwägung nach wissenschaftlichen Grundsätzen zugrunde. Laut Corona-Verordnung des Landes galt nämlich zu diesem Zeitpunkt eine Maskenpflicht, wenn im Freien der Abstad von 1,5 Metern nicht eingehalten werden konnte. Ordnungsamtschef Albert Keppler hatte damals im GEA-Gespräch erklärt, dass die Anmelder der Demos »zu erkennen gegeben hatten, dass die Maskenpflicht nicht eingehalten wird«. Als einige Wochen später die Anmelder der Proteste wechselten und eine gewisse Kooperation mit der Stadt signalisierten, wurden die Demos auch nicht mehr verboten.
Knappe Antwort auf die GEA-Anfrage
Der GEA hat am Donnerstagabend, kurz nach Erhalt des Briefes, eine Anfrage an die Pressestellen von Stadt und Landkreis gestellt. Werden die Protokolle offengelegt? Wäre eine solche Offenlegung rechtlich überhaupt möglich? Wenn ja, wie aufwendig wäre sie? Die Antwort von Stadt und Kreis fällt recht knapp aus. Das Statement von OB Keck und Landrat Fiedler in voller Länge: »Den offenen Brief haben wir am 4. April zur Kenntnisnahme geschickt bekommen. Bei Covid 19 handelte es sich um eine Pandemie, die beispiellos in der neueren Geschichte war. Schnelle Entscheidungen mussten getroffen werden, immer mit dem Ziel, die Gesundheit der Bevölkerung bestmöglich zu schützen. Unserer Einschätzung nach, ist dies in Deutschland durch die getroffenen Maßnahmen gut gelungen.« (GEA)