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Sollte Curevac Geld zurückzahlen? Das sagen EU-Abgeordnete dazu

Das Tübinger Unternehmen wurde von der EU mit 450 Millionen Euro gefördert. Den Impfstoff musste es mangels Wirksamkeit nun vernichten.

Das Biotech-Unternehmen Curevac hat Millionen Corona-Dosen wegen mangelnder Wirksamkeit vernichtet. Foto: GOLLNOW/DPA
Das Biotech-Unternehmen Curevac hat Millionen Corona-Dosen wegen mangelnder Wirksamkeit vernichtet.
Foto: GOLLNOW/DPA

TÜBINGEN. Das Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac hat Millionen Dosen an Corona-Impfstoff vernichtet. Das Vakzin hat die erhoffte Wirksamkeit nicht erreicht. Doch Curevac hat von der EU einen Zuschuss in Höhe von 450 Millionen Euro erhalten. Soll das Unternehmen die Fördergelder zurückzahlen? Eine Umfrage bei EU-Abgeordneten.

Andreas Glück, FDP

"Curevac hat Fördergelder zur Erforschung und Entwicklung eines Impfstoffs erhalten. Dies war keine Abschlagszahlung auf eine kommende Lieferung. Damit wurde auch der Versuch des damaligen US-Präsidenten Donald Trump verhindert, dieses vielversprechende Unternehmen zu übernehmen, um im Sinne eines America First schnell an Impfstoff zu gelangen.

Der Vertrag zwischen der Kommission und Curevac sieht für den Fall eines Scheiterns der Impfstoffzulassung auf den Seiten 31 und 33 vor, dass Fördermittel in Höhe der tatsächlich entstandenen Entwicklungskosten durch das Unternehmen einbehalten werden können, überschüssiges Geld jedoch an die EU zurückerstattet werden muss.

Generell bedeuten Investitionen in Forschung und Entwicklung keine Garantie auf Erfolg. Keine Investitionen in diesen Bereich bedeuten jedoch automatisch Misserfolg."

Andreas Glück, Europaabgeordneter der FDP aus Münsingen. FOTO: THIERRY MONASSE
Andreas Glück, Europaabgeordneter der FDP aus Münsingen. FOTO: THIERRY MONASSE

Norbert Lins, CDU

"Die Europäische Union und die Mitgliedsstaaten haben ganz bewusst und richtigerweise verschiedene Impfstoffhersteller unterstützt und haben dabei auch einen Teil des Risikos übernommen, das bei der Impfstoffherstellung immer entsteht. Deswegen ist eine Rückzahlung aus meiner Sicht falsch. Man würde einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen und in Zukunft würde vielleicht niemand mehr mit der Europäischen Union in solchen Dingen Verträge abschließen. Im Frühjahr 2020, als die Entscheidung getroffen werden musste, konnte niemand wissen, welcher Impfstoff sich am Ende durchsetzt. Wenn die vier Impfstoffe, die jetzt in der EU zugelassen sind und über die wir uns sehr glücklich schätzen sollten, nicht existieren würden, wäre der Curevac Impfstoff immer noch eine gute Hilfe. Bei Grippe-Impfstoffen ist die Wirksamkeit teilweise geringer.

Ich bin jedoch sehr verärgert über das zögerliche Verhalten von Curevac. Direkt nach Veröffentlichung der klinischen Prüfung hätten sie das Projekt einstellen- und stattdessen den Impfstoff von BionTech herstellen müssen. In zwei Drittel der Länder gibt es noch keine ausreichende Impfquote und nicht genügend Impfstoff und hier hat Curevac sich falsch verhalten. Das lässt sich aber aufgrund der bestehenden Verträge jetzt nicht sanktionieren. Sinnvoll wäre bei zukünftigen Verträgen entsprechende Klauseln einzubauen."

Curevac hätte das Projekt früher einstellen müssen, kritisiert Norbert Lins. Foto: dpa
Curevac hätte das Projekt früher einstellen müssen, kritisiert Norbert Lins.
Foto: dpa

Evelyne Gebhardt, SPD

"Investition in Grundlagenforschung im pharmazeutischen Bereich ist immer mit einem Risiko verbunden. Dennoch war die Entscheidung Anfang 2020 richtig, vielversprechenden Unternehmen eine Anschubfinanzierung für die Forschung und Produktion von Impfstoffen gegen Covid19 zu geben. Die Entwicklung von Impfstoffen, gerade gegen eine neuartige Krankheit wie Covid19, ist unglaublich teuer. Die EU hat das Geld an Curevac vorausgezahlt, auch in dem Wissen, dass die Entwicklung eines Impfstoffes nicht zum gewünschten Ergebnis führen könnte.

Das eingesetzte Geld ist kein verlorenes Geld. Die Forscher*innen haben sicherlich neue Erkenntnisse gewonnen, auf deren Basis andere, neue Medikamente oder Impfstoffe entwickelt werden können. Das sind und bleiben auf jeden fall gut investierte Mittel."

»Investitionen in Grundlagenforschung sind immer mit einem Risiko verbunden«, sagt Evelyne Gebhardt. Foto: PR
»Investitionen in Grundlagenforschung sind immer mit einem Risiko verbunden«, sagt Evelyne Gebhardt.
Foto: PR

Jutta Paulus, Grüne

»Selbstverständlich soll Curevac erhaltene Fördergelder nicht zurückzahlen müssen. Dank der finanziellen Unterstützung konnten mehrere Unternehmen gleichzeitig und unter enormen Zeitdruck an Impfstoffen gegen ein bisher unbekanntes, tödliches Virus forschen. Die finanzielle Unterstützung hat es ermöglicht, dass bereits weniger als ein Jahr nach Beginn der Covid19-Pandemie mehrere Impfstoffe entwickelt und zugelassen waren. Diese Impfstoffe werden hunderten Millionen Menschen das Leben retten. Drohende Rückzahlungen würden zur Folge haben, dass Unternehmen in Zukunft vor Forschungsvorhaben zurückschrecken. Damit wäre niemandem geholfen. Unternehmen müssen vielmehr auch in Zukunft bei der Suche nach lebensrettenden Impfstoffen, Medikamenten und Technologien unterstützt werden. Das bedeutet aber auch, dass mit öffentlichen Geldern finanzierte Pharmaka oder Impfstoffe gemeinwohlorientiert angeboten werden müssen, vor allem für Schwellen- und Entwicklungsländer.« (GEA)

Impfstoffe, die mit öffentlichen Gelden gefördert werden, sollten auch Entwicklungsländern angeboten werden, sagt Jutta Paulus.
Impfstoffe, die mit öffentlichen Gelden gefördert werden, sollten auch Entwicklungsländern angeboten werden, sagt Jutta Paulus. Foto: Partei
Impfstoffe, die mit öffentlichen Gelden gefördert werden, sollten auch Entwicklungsländern angeboten werden, sagt Jutta Paulus.
Foto: Partei