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Online-Training statt Schockstarre

Interview mit dem peb2-Chef, Benjamin Baur, über die Fitnessbranche in Zeiten von Corona

peb2-Geschäftsführer Benjamin Baur aus Eningen unter Achalm
peb2-Geschäftsführer Benjamin Baur aus Eningen unter Achalm verfällt wegen Corona nicht in eine Schockstarre, sondern sucht Lösungen für die Mitglieder seines Fitnessstudios. Foto: Bernd Ruof
peb2-Geschäftsführer Benjamin Baur aus Eningen unter Achalm verfällt wegen Corona nicht in eine Schockstarre, sondern sucht Lösungen für die Mitglieder seines Fitnessstudios.
Foto: Bernd Ruof

Der Parkplatz fast leer, beim Eintritt in das 2000 Quadratmeter große, zweistöckig angelegte Gebäude herrscht beängstigende Stille. Verlassen stehen die Geräte im Raum: Lockdown lässt grüßen. Nach der zweimonatigen Zwangspause der Fitnessbranche im Frühjahr gehören die Sportstudios beim Lockdown light seit 1. November erneut neben Gastronomie, Tourismus und Kultur zu den Verlierern in Corona-Zeiten. Jammern ist jedoch nicht die Sache von peb2-Geschäftsführer Benjamin Baur in Eningen. Er setzt auf Online-Kurse und die Treue seiner Mitglieder.

GEA: Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, als die Regierung den 2. Lockdown vor einer Woche verlängert hat?

Benjamin Baur: Schwierig für die ganze Branche, gerade jetzt, wo die Saison für die Fitnessstudios beginnt. Aber ich bin vom Typ her niemand der in so einer Situation in Schockstarre verfällt, sondern überlege, wie kann ich aus dieser Situation das Beste herausholen? Was kann man den Mitgliedern als Mehrwert bieten? Wenn die nicht zu uns kommen können, kommen wir zu ihnen nach Hause. Bildlich gesprochen.

GEA: Wie schätzen sie die aktuelle Situation des peb2 ein?

BB: Im Moment noch okay. Wenn die Situation bis März unverändert bliebe, würde es schwierig werden, weil wir noch in der Aufbauphase sind. Das peb ist erst drei Jahre alt. Wir hoffen darauf, dass die Mitglieder uns die Treue halten.

GEA: Wie sieht die Mitgliedersituation bei Ihnen aus?

BB: Wir haben Kündigungen im normalen Rahmen bislang. Aber durch den Lockdown gelingt es uns nicht neue Mitglieder dazuzugewinnen. Die Branche insgesamt ist schon stark betroffen. Ende 2019 lag die bundesweite Mitgliederzahl in den Studios bei 11,9 Millionen, jetzt sind es noch 9,1 Millionen. Das ist ein Verlust von 1,8 Millionen Mitgliedern in ganz Deutschland.

GEA: Können Sie die Maßnahmen der Regierung nachvollziehen oder finden Sie diese als unangemessen.

BB: Also ich möchte mit der Regierung nicht tauschen. Ganz gleich ob Fitnessstudios oder Gastronomie sie muss auf Experten vertrauen. Wenn der Lockdown dazu beiträgt, die Pandemie einzudämmen oder zu stoppen, bin ich der Letzte, der dagegen spricht. Es ist besser jetzt die Reißleine zu ziehen, damit wir alle möglichst schnell zur Normalität zurückkehren können. Natürlich ist die Nachvollziehbarkeit schwierig, wenn man sieht, wie in Super- oder Baumärkten die Leute aneinander vorbeilaufen und wir hier 2000 Quadratmeter Fläche leer stehen haben.

GEA: Funktioniert die staatliche Unterstützung?

BB: Aus dem ersten Lockdown gab es die Soforthilfe. Jetzt haben wir wieder Unterstützung beantragt. Das Thema ist jedoch eher ein langfristiges. Laut einer Umfrage des Deutschen Sport Studio Verbands (DSSV) will jeder Vierte sich in absehbarer Zeit gar nicht mehr in einem Studio anmelden. Die langfristigen Schäden sind damit nicht abgedeckt.

GEA: Es gibt Fitnessstudios die sich eine Öffnung gerichtlich erstritten haben, so dass immer zwei Personen trainieren können. Kommt das für Sie in Frage?

BB: Wir machen das jetzt auch. Nach Terminvergabe darf ab 1. Dezember jeweils eine Person eine Stunde in die Halle. Das ist allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

GEA: Sie bieten seit November sogenannte Online-Live-Kurse an. Wie muss man sich das vorstellen?

BB: Der Unterschied zum ersten Lockdown ist, dass wir nicht wollten, dass unsere Mitglieder nur nach Youtube-Videos trainieren, sondern eine emotionale Bindung aufbauen. Sie bewegten sich virtuell durch das Gebäude und konnten sich im virtuellen Kursraum die Videos anschauen und trainieren. Das ist einmalig in Deutschland. Wir haben in den knapp zwei Monaten im Frühjahr über 40 000 Besucher gehabt. Jetzt im zweiten Schritt soll der Kursleiter die Mitglieder auch sehen und korrigieren können. Wir haben über 28 Kurse in der Woche. Unsere Mitglieder können dann zusammen mit dem Kursleiter Sport machen. Das Programm reicht von Body Workout über Fatburner, Hot Iron, Rücken fit bis zu Yoga. Das Einloggen von zu Hause geht mit jedem Smartphone, Tablet oder PC. Pro Woche nehmen zirka 250 Personen an den Kursen teil – Tendenz stark steigend.

GEA: Was kostet so eine Live-Mitgliedschaft?

BB: Sie kostet 19,90 Euro pro Monat und ist monatlich kündbar. Wir haben dabei nicht nur Kursteilnehmer aus der Umgebung, sondern aus der Schweiz, vom Bodensee und dem Ruhrgebiet.

GEA: Über neun Millionen Mitglieder in Fitnessstudios können momentan nur eingeschränkt oder gar nicht trainieren. Befürchten sie längerfristige Auswirkungen für das Gesundheitswesen?

BB: Vereine oder Fitnessstudios tragen zur Gesundheitsvorsorge bei. Aber klar ist, jeder ist selbst gefordert, rauszugehen und sich zu bewegen. Es gibt Alternativen.

GEA: Sehen sie mögliche Veränderungen in der Branche durch die Pandemie?

BB: Das einzige Positive ist, dass, wie beispielsweise in den Schulen, die Digitalisierung an Fahrt aufgenommen. Wer da gepennt hat, wird dies jetzt merken.

GEA: Müssen die Fitnessstudios umdenken?

BB: Wenn sie klug sind ja. In alte Muster zu verfallen wäre fatal. Dann kommt ein neues Virus….

GEA: Wie handhaben sie Beitragsrückforderungen ihrer Mitglieder?

BB: Die Zeit, in der wir geschlossen haben, wird hintendran gehängt, wer das nicht möchte, wird beitragsfrei gesetzt. Im ersten Lockdown waren das 70 Personen.

GEA: Gab es andere Benefits?

BB: Wir haben beim ersten Lockdown alle Mitglieder coronakonform ins Autokino Pfullingen zu einer Filmvorführung eingeladen. Über 100 Autos, mit zwei oder drei Personen besetzt, waren da.

GEA: Wie sieht die Zukunft des Fitnessstudios aus?

BB: Meiner Meinung nach führt an Online-Kursen kein Weg vorbei – es ist ein Mehrwert für die Mitglieder – vor allem für diejenigen, die wenig Zeit haben. Ansonsten lebt das peb2 aber vom Flair des Gebäudes und des Ambientes.

GEA: Wie ist die Konkurrenzsituation im Großraum Reutlingen?

BB: Die Konkurrenz ist schon sehr groß. Erstmal gibt es Ketten, zum anderen inhabergeführte Studios und dann das peb2. Wettbewerb ist enorm wichtig. Das puscht uns. Ich messe mich nicht mit den Discountern, wir sind Premium-Fitness. Jeder muss wissen, was ihm das Training wert ist. Personal ist bei uns der größte Faktor. Insgesamt haben wir 36 Mitarbeiter davon fünf professionelle festangestellte Trainer.

GEA: Herr Baur, vielen Dank für das Gespräch.

Info peb2 Eningen

Vor etwas mehr als drei Jahren, genauer gesagt am 12. November 2017, eröffnete das peb2. Das 2000 Quadratmeter große Sportvereinszentrum entstand aus der Zusammenarbeit des TSV Eningen und des Vfl Pfullingen, und ist damit das erste seiner Art. Das peb2 funktioniert als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist also nicht dem Vereinssteuerrecht unterworfen, sondern gehört zur Untergruppe der Personengesellschaften. Der Name peb2 steht für Pfullingen – Eningen – Bewegung – Begegnung. Heute hat das peb2 über 1000 Mitglieder. Nach einer schwierigen Startphase übernahm im April 2018 Benjamin Baur die Geschäftsführung. Der 37-Jährige Lehrer für Sport/Technik, Wirtschaftslehre und Informatik suchte nach elf Jahren im Bewegungszentrum der Siemens AG in Karlsruhe nach einer neuen Herausforderung. Bis heute pendelt der gebürtige Karlsruher täglich die 100 Kilometer von der badischen Hauptstadt ins schwäbische Eningen.

peb2
Pfullinger Str. 6
72800 Eningen u.A.

Telefon: (07121) 31779-90

Web: https://www.peb2.de