Die Gastgeber aus Leidenschaft machen gerne Menschen glücklich

Das Gute an Corona ist: Die Menschen haben erfahren, wie trist es ist, ohne Gastronomie und Profi-Gastgeber auskommen zu müssen. Denn jemand, der mit Lust und Leidenschaft seine Gäste bewirtet, leistet eben weit mehr als »nur« Kochen auf Profi-Niveau. Der Service bemüht sich mit wertschätzender Aufmerksamkeit um den Gast, der sich in einem Wohlfühlambiente vom Alltag entspannen soll.

Und so ist es ein großer Gewinn auch für die Region, dass sich gleich vier Köche aus Stadt und Landkreis Reutlingen jüngst zum Küchenmeister weiterqualifiziert haben: Philipp Fritz (Metzgerei Fritz, Metzingen-Neuhausen), Carl Sommer (Café Konditorei Sommer, Reutlingen), Simon Steinhardt (Flair Hotel Hirsch, Hayingen-Indelhausen) und Marc Winter (Restaurant & Landhotel Winter, Gomadingen-Offenhausen). Diese IHK-Prüfung bescheinigt dem Quartett, dass sie ihr Handwerk hervorragend beherrschen und auch Führungsaufgaben gewachsen sind.

Saisonal, regional und nachhaltig

Dafür absolvierten sie eine praktische Prüfung, bei der es galt, aus einem vorgegebenen Warenkorb ein fünfgängiges Menü für sechs Personen zu zaubern. Zu den Qualitätskriterien saisonal und regional gesellt sich zunehmend der Aspekt der Nachhaltigkeit, die sich im ressourcenschonenden Umgang mit den Lebensmitteln zeigt. Es wird also alles verwertet, was zu verwerten ist. Im Theorieteil wurden betriebswirtschaftliche Themen ebenso abgefragt wie Küchenhygiene oder Personalführung.

Die vier Küchenmeister sehen sich als Botschafter ihres Berufs, den sie mit viel Leidenschaft ausüben. »Wir machen Menschen glücklich« nennen sie als Ansporn, um jeden Tag am Herd ihr Bestes für ihre Gäste zu geben. Kreative junge Menschen, die als Profi-Gastgeber durchstarten wollen, sind, so versichern sie, in der Gastronomie stets willkommen. Wie spannend solche Karrierewege verlaufen können, zeigen die folgenden Porträts der frisch gebackenen Küchenmeister.

Philipp Fritz

Seinen Beruf startete Philipp Fritz 2007 im »Graf Eberhard« (Bad Urach). Weitere Stationen waren Vincent Klinks »Wielandshöhe« und der Landgasthof Wolf (Eningen), ehe er 2013 nach Bad Urach zurückkehrte. Mit dem »Schwanen« (Metzingen) folgte 2014 ein weiteres Hotel-Restaurant, dann wechselte er 2015 ins »Augustinum« (Stuttgart), wo er Senioren jeden Mittag mit einem Vier-Gänge-Menü erfreut. Sein Vater Rolf Fritz hat eine Metzgerei mit eigener Schlachtung in Metzingen-Neuhausen, einen Partyservice und zudem eine Lammzucht. Alle seine Schlachttiere stammen aus der Region. Ziel ist, nicht nur deren »Filetstücke« anzubieten, sondern – wie es früher der Fall war und gerade wieder stark im Kommen ist – möglichst viele Teile eines geschlachteten Tieres zu verwerten. Philipp Fritz geht mit gutem Beispiel voran – seine Lieblingsgerichte sind Gulasch und geschmorte Kalbsbäckchen, die übrigens auch sein Kollege Carl Sommer am liebsten isst.

Carl Sommer

Im renommierten Hotel »Bareiss« (Baiersbronn) absolvierte Carl Sommer von 2013 bis 2016 seine Koch-Ausbildung mit Zusatzqualifikation Küchen- und Servicemanagement. Danach erwarb er beim BWL-Studium Handwerk in Stuttgart einen Bachelor-Titel.

Seitdem bringt er sich mit seinen drei Geschwistern im Familienbetrieb ein. Dieser wurde 1930 am heutigen Standort vom Ur-Großvater als Konditorei-Bäckerei gegründet und stetig erweitert, etwa um die »Alte Backstube«, die einst Deutschlands älteste Metzgerei war. Heute ist der urige Raum ideale Kulisse für Familienfeste, Betriebsfeiern oder Veranstaltungen. Mit Mittagstisch, Gourmet-Menüs und Catering wurden weitere Standbeine etabliert. Neben der Gastronomie bleiben die Wurzeln Konditoreikunst bestehen: kunstvolle Torten, selbstgemachte Pralinen oder Springerle aus Formen, die schon der Opa benutzt hatte.

Simon Steinhardt

Ein Familienbetrieb ist auch das Flair Hotel Hirsch mit seinen 60 Betten in Hayingen-Indelhausen. Die Corona-Zwangspause wurde genutzt, um alle Zimmer komplett zu modernisieren.

Simon Steinhardt absolvierte bis 2012 seine Ausbildung im Hotel Herrmann (Münsingen) und arbeitete ein Jahr lang im Gourmetrestaurant »Krone« (Zavelstein), dann zog es ihn zurück ins heimische Lautertal. Die Wintersaison 2014/2015 verbrachte er in Lech am Arlberg, die Sommersaison auf Mallorca, danach stand er wieder im winterlichen Lech am Herd. Seit Frühjahr 2016 ist er im elterlichen Betrieb für alle Belange rund um die Küche zuständig.

Vor 15 Jahren hat die Familie eine Tradition wieder aufleben lassen und mit der Schneckenzucht begonnen, was sich auch auf der Speisekarte niederschlägt. Simon Steinhardt isst am liebsten Süßes: Kaiserschmarrn ist sein Leibgericht.

Marc Winter

Viele gastronomische Facetten probierte Marc Winter aus: Nach seiner Kochausbildung sammelte er Berufserfahrung in Neukirchen am Großvenediger (Österreich), heuerte auf dem Kreuzfahrtschiff »Aida Bella« an, arbeitete im berühmten »Bayerischen Hof« (München) sowie in zwei Hotels auf Neuseelands Süd- und Nordinsel. Eine Bewerbung bei Alfons Schuhbeck als Chef de Partie war erfolgreich. Fünf Jahre brachte er sich in diesem Münchner Unternehmen ein: Partyservice, »Theatro«, Eisproduktion, VIP Loge Allianz Arena, FC Bayern München und Küchenchef im Restaurant »Orlando«. Letzte Auswärts-Station war Küchenchef in »Victor’s Residenz Hotel« (Leipzig), wo er 18 Köche unter sich hatte. 2016 erwarben seine Eltern das Restaurant & Landhotel in Offenhausen mit 22 Zimmern und 42 Betten. Seit drei Jahren unterstützt er sie und bereichert dank eigenem Jagdrevier die Karte um Wildgerichte. Seine Leibspeise ist aber die Martinsgans – was sonst, wenn man am 11. November Geburtstag hat? (va)