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Die legendärsten Duelle zwischen Deutschland und England

Deutschland gegen England – keine andere Fußball-Begegnung ruft so viele Erinnerungen hervor. Wir stellen die legendären Duelle noch einmal vor: Von zwei Wembley-Toren, bitteren Klatschen, hohen Siegen und Elfmeter-Dramen.

Tor oder nicht Tor im Finale Deutschland gegen England bei der Fußball-WM 1966 am 30. Juli im Londoner Wembley-Stadion. Der vom englischen Stürmer Geoff Hurst (nicht im Bild) geschossene Ball knallt von der Latte auf den Boden. Foto: dpa
Tor oder nicht Tor im Finale Deutschland gegen England bei der Fußball-WM 1966 am 30. Juli im Londoner Wembley-Stadion. Der vom englischen Stürmer Geoff Hurst (nicht im Bild) geschossene Ball knallt von der Latte auf den Boden.
Foto: dpa

REUTLINGEN. Wie so oft in der deutschen Fußball-Historie war es Franz Beckenbauer, der die richtigen Worte fand: »We call it a Klassiker.« Nichts beschreibt den Ausnahmestatus des Spiels zwischen Deutschland und England besser als diese fünf gefranzelten Worte. Italien mag der Angstgegner sein, Argentinien der Kontrahent für die großen Titel und ja, das 7:1 gegen Brasilien ist legendär. Aber nichts kommt an den Klassiker zwischen Deutschland und England ran. Wir erinnern an die großen Duelle der Teams.

WM 1966

Der Prolog zu allem, was danach kommen sollte. England trat bei seiner Heim-WM im Wembley im Finale gegen Deutschland an und hatte den Sieg schon vor Augen, als Wolfgang Weber in der Nachspielzeit zum 2:2 ausglich. In der Verlängerung dann das große Drama: Geoffrey Hurst trifft die Latte, der Ball kommt senkrecht auf der Linie auf – und dennoch entscheidet Schiedsrichter Tofiq Behramov auf Tor. Jahre später bewies die Wissenschaft ein- für allemal: zu Unrecht. Am Ende geht es 4:2 aus. Es ist die Geburtsstunde des Wembley-Tors, der erste und bislang einzige WM-Titel Englands – und der Beginn der Rivalität.

Deutschlands Torwart Hans Tilkowski (links) und Verteidiger Karl-Heinz Schnellinger nach dem Tor zum 2:1 durch Martin Peters (England). Foto: Witters
Deutschlands Torwart Hans Tilkowski (links) und Verteidiger Karl-Heinz Schnellinger nach dem Tor zum 2:1 durch Martin Peters (England).
Foto: Witters

EM 1972

Zwei Jahre zuvor hatten sich die Deutschen mit einem 3:2-Sieg nach Verlängerung im Viertelfinale der WM schon sachte für 1966 revanchiert. Wirklich schmerzhaft wurde es aber für die Briten 1972. Sie kassierten erstmals eine Heimniederlage gegen eine deutsche Elf. Es war die erste Pleite in einem Pflichtspiel in Wembley überhaupt. Verantwortlich dafür: Günter Netzer, der »aus der Tiefe des Raumes« die englische Abwehr verwirrte. So schrieb es jedenfalls der Korrespondent der FAZ. Andere behaupten, Netzer hätte zusammen mit Franz Beckenbauer »Ramba-Zamba-Fußball« gespielt. Am Ende gewann die Elf das Viertelfinal-Hinspiel 3:1.Wenig später feierten die Deutschen ihren ersten EM-Titel.

Bundestrainer Helmut Schön (links) jubelt mit einem Fan und Paul Breitner bei der EM 1972 nach dem Spiel gegen England. Foto: Witters
Bundestrainer Helmut Schön (links) jubelt mit einem Fan und Paul Breitner bei der EM 1972 nach dem Spiel gegen England.
Foto: Witters

WM 1990

Kaum zu glauben, aber es sollte geschlagene 18 Jahre dauern, ehe sich die beiden Länder wieder bei einem großen Turnier trafen. Beim WM-Halbfinale gewann Deutschland im Elfmeterschießen – und trat damit das große Trauma der Engländer vom Punkt los. Keine andere Nation hat eine derart verheerende Bilanz bei der Entscheidung durch Strafstößen. Nur in zwei von neun Fällen kamen die Three Lions bei Turnieren so weiter. Spötter sagen: Nur in der Küche scheitert der Angelsachse regelmäßiger und häufiger als vom Elfmeterpunkt. Deutschland wird Weltmeister und Englands Stürmer Gary Linker prägt den legendären Satz: »Fußball ist ein einfaches Spiel. Es dauert 90 Minuten und am Ende gewinnen immer die Deutschen.«

Englands Stuart Pearce (links) verschiesst Elfmeter gegen den deutschen Torwart Bodo Illgner. Foto: Witters
Englands Stuart Pearce (links) verschiesst Elfmeter gegen den deutschen Torwart Bodo Illgner.
Foto: Witters

EM 1996

Wieder ein Turnier im eigenen Land für England – und schon wieder diese Deutschen im Halbfinale, schon wieder Elfmeterschießen. Und schon wieder ist danach das Turnier für das Mutterland des Fußballs beendet. Diesmal macht sich der heutige Nationaltrainer Gareth Southgate gewissermaßen unsterblich – indem er an Andreas Köpke scheiterte. Andreas Möller feiert seinen verwandelten Elfer in der Gockel-Pose, in der Paul Gascoigne zuvor über seinen geglückten Schuss vom Punkt aus gejubelt hatte. Kam bei den Engländern erwartungsgemäß eher weniger gut an. Erneute Duplizität der Ereignisse: Das Finale gewinnt Deutschland gegen Tschechien. Und Lineker hatte wieder Recht.

Deutschlands Torschütze Stefan Kuntz (rechts) jubelt über seinen Treffer zum 1:1 gegen England Foto: Witters
Deutschlands Torschütze Stefan Kuntz (rechts) jubelt über seinen Treffer zum 1:1 gegen England
Foto: Witters

EM 2000

Irre, da gewinnen die Engländer schon mal – und scheiden trotzdem in der Vorrunde aus. Alan Shearer belehrte mit seinem Treffer zum 1:0-Sieg Lineker, dass er eben doch nicht immer richtig liegt. Weil die Engländer aber das entscheidende Gruppenspiel gegen Rumänien verlieren, scheiden sie als Gruppendritter aus. Kein Grund allerdings für deutsche Schadenfreude. Das Team von Sir Erich Ribbeck scheitert ebenfalls und verlässt das Turnier nach einem 0:3 gegen eine portugiesische B-Elf.

2000

In der WM-Qualifikation steht das letzte Spiel des alten Wembley-Stadions vor dem Umbau an. Der Zufall, dieser Schuft, hat den Engländern die alten Freunde aus Germany beschert. Das einzige Tor macht ein Spieler, der zwar sein Geld in England verdient, aber für Deutschland spielt: Dietmar Hamann trifft per Freistoß aus 32 Metern und offenbart eine weitere englische Fußball-Tradition: die des Torwart-Problems. Als das neue Wembley gebaut wird, sollen die Fans darüber abstimmen, wie die Brücke heißen soll, die zum Stadion führt. Die meisten Stimmen erhält der Vorschlag, sie nach dem Spieler zu benennen, der das letzte Tor darin erzielt hat. Irritierenderweise kann sich der Vorschlag »Didi-Hamann-Bridge« nicht durchsetzen.

Die Spieler der deutschen Mannschaft (von links) Oliver Bierhoff, Torschütze Dietmar Hamann, Michael Ballack, Jens Nowotny (hinten), Marco Bode und Sebastian Deisler jubelnim Londoner Wembley-Stadion beim WM-Qualifikationsspiel zwischen England und Deutschland über Hamanns Treffer zum 1:0 mit einem Freistoß in der 14. Minute. Foto: Achim Scheidemann/dpa
Die Spieler der deutschen Mannschaft (von links) Oliver Bierhoff, Torschütze Dietmar Hamann, Michael Ballack, Jens Nowotny (hinten), Marco Bode und Sebastian Deisler jubelnim Londoner Wembley-Stadion beim WM-Qualifikationsspiel zwischen England und Deutschland über Hamanns Treffer zum 1:0 mit einem Freistoß in der 14. Minute.
Foto: Achim Scheidemann/dpa

2001

In München nehmen die Engländer bittere Rache für die Sache mit der Hamann-Bridge. Im Münchner Olympiastadion geht Deutschland zwar in Führung. Dank eines Hattricks von Michael Owen vermöbeln die Engländer ausnahmsweise mal die DFB-Auswahl mit 5:1. Ein Sieg wie Balsam auf der geschundenen englischen Fußball-Seele. In England werden Fanartikel zu dieser Demontage produziert, der Schriftzug 5:1 ist auf Kreditkarten, T-Shirts und Tassen zu finden.

2007 Die beiden Teams haben es aber auch damit, sich auswärts zu necken. Im zweiten Länderspiel im neuen Wembley-Stadion trifft Christian Pander zum 2:1-Siegtreffer. Nach der letzten Niederlage im alten fügen die Deutschen also auch die erste Pleite im neuen Stadion zu. So was können sich wirklich nur gute Freunde erlauben.

WM 2010

Nicht so schwer zu beurteilen wie 1966, ob der Ball drin war. Immerhin klatschte Lampards Schuss von der Latte gut sichtbar hinter Manuel Neuer und der Torlinie auf den Boden. Nur Schiedsrichter Jorge Larrionda aus Uruguay sah es nicht. So blieben die Deutschen mit 2:1 in Führung. Sie sollten das Achtelfinale hoch verdient mit 4:1 gewinnen. Die Engländer hätten aber auch keine Chance gehabt, wenn der Treffer zum Ausgleich gezählt hätte. Überhaupt nicht. Ganz andere Geschichte als 1966. Das war Betrug, 2010 dagegen verdient. (GEA)

Deutschlands Miroslav Klose (links) trifft gegen Englands Torwart David James. Foto: Bernd Weissbrod/dpa
Deutschlands Miroslav Klose (links) trifft gegen Englands Torwart David James.
Foto: Bernd Weissbrod/dpa