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2:2-Remis gegen Ungarn: DFB-Elf im Achtelfinale gegen England

Nach der Gala gegen Portugal droht gegen Ungarn die Blamage. Und dann trifft der eingewechselte Leon Goretzka zum erlösenden 2:2.

Deutschlands Kai Havertz (l) feiert mit Mats Hummels das 1:1. Foto: Federico Gambarini/dpa
Deutschlands Kai Havertz (l) feiert mit Mats Hummels das 1:1.
Foto: Federico Gambarini/dpa

MÜNCHEN. Das erste Etappenziel der Abschiedstournee von Joachim Löw ist erreicht, die deutsche Fußball-Nationalmannschaft steht im Achtelfinale der Fußball-Europameisterschaft. Zum Abschluss der Vorrunde bei unwetterartigen Regenfällen in München rettete die Formation des scheidenden Bundestrainers vor 14000 Zuschauern gegen Ungarn ein dramatisches 2:2 (0:1)-Unentschieden, belegt damit den zweiten Tabellenplatz und trifft im Achtelfinale auf England. Die Tore für den viermaligen Weltmeister erzielten Kai Havertz (66. Minute) zum 1:1 und der eingewechselte Leon Goretzka zum vielumjubelten 2:2 in der 84. Minute. Die Treffer für die aufopferungsvoll kämpfenden Ungarn erzielten Adam Szalai und Andras Schäfer.

In der Arena wehten wesentlich mehr Deutschland- als Regenbogenfahnen, als der russische Schiedsrichter Sergej Karasow das Spiel anpfiff. Das Verbot der Europäischen Fußball-Union Uefa, die Arena in Regenbogenfarben zu illuminieren, hatte national wie international zu heftiger Kritik geführt. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán sagte seinen geplanten Besuch in München ab. Vor der Begegnung war es in der Stadt und um das Stadion trotz erwarteter Proteste aber weitgehend ruhig geblieben, berichtete die Polizei, von »einigen Festnahmen« war die Rede. Mehr als 2000 Polizisten waren beim letzten Gruppenspiel der deutschen Mannschaft im Einsatz.

Löw vertraute seiner Formation

Joachim Löw hatte sich vor dem Spiel betont entspannt gezeigt. »Die Mannschaft ist so konzentriert und fokussiert wie ich das erwartet habe.« Der viermalige Weltmeister beherrschte 67 Jahre nach dem »Wunder von Bern« den Gegner zwar keineswegs, unterstrich nach dem 0:1 gegen Weltmeister Frankreich und dem 4:2 gegen Europameister Portugal aber seinen »Überlebenswillen« in einer Vorrundengruppe, die die schwerste bei dieser umstrittenen paneuropäischen Endrunde war.

Löw vertraute erneut seiner Formation, änderte weder etwas an der Dreierkette noch an ihrer personellen Zusammensetzung, blieb bei den hoch stehenden Außenspielern Joshua Kimmich und Robin Gosens, Toni Kroos und Ilkay Gündogan bildeten erneut die Zentrale des Mittelfeldes. Für den angeschlagenen Clubkollegen Thomas Müller rückte etwas überraschend Leroy Sané vom FC Bayern in die Startformation, Leon Goretzka, mit dem gerechnet worden war, blieb zunächst auf der Bank. Neben Sané bildeten Serge Gnabry und Kai Havertz die erste Angriffsreihe.

Schock in der 11. Minute

Die Begegnung begann mit einem Schock in der 11. Minute, nachdem zuvor Joshua Kimmich mit einer ersten Chance am Leipziger Torwart Peter Gulacsi gescheitert war. Bei einem Konter der Ungarn verpasste die deutsche Defensive den rechtzeitigen Zugriff, Roland Sallai konnte sich den Ball im rechten Halbfeld zurechtlegen, seine optimale Flanke erreichte den heranstürmenden Adam Szalai, der mit einem Flugkopfball Welttorhüter Manuel Neuer keine Chance ließ. Ein Gegentor wollte Löw unbedingt vermeiden, auch gegen Frankreich waren die Ungarn in Führung gegangen und hatten ein 1:1 über 90 Minuten verteidigt.

Die deutsche Mannschaft aber überwindet den Schock und spielt weiter mutig nach vorne, beschäftigt die Abwehr um Willi Orban permanent. Verteidiger Antonio Rüdiger scheitert nach einer Ecke mit einem Kopfball an der Querlatte, wenig später vergibt Matthias Ginter eine Möglichkeit. Die deutsche Mannschaft bleibt am Drücker, aber die Ungarn mit ihren Kontern ständig gefährlich. Die Mannschaft von Marco Rossi steht ohnehin schon mit fünf Abwehrspielern auf einer Linie, verteidigt aber phasenweise mit allen Spielern. Deshalb gelingt es nicht, gegen die vielbeinige ungarische Abwehr einen entscheidenden Vorteil herauszuarbeiten. Im ersten Durchgang kommen zu wenig Bälle ins offensive Zentrum, der unwetterartige Regen scheint die Deutschen auch eher zu lähmen als die Ungarn. Fritz Walter hatte dieses Wetter vor mehr als einem halben Jahrhundert geliebt.

DFB-Elf beweist Moral

Im zweiten Durchgang bemüht sich der viermalige Weltmeister weiter, aber es hapert am Zusammenspiel, es fehlt an Aggressivität, an druckvollen Vorstößen in den gegnerischen Strafraum. Havertz scheitert in der 52. Minute an Gulacsi, in der 66. Minute macht er es besser, als er eine Kopfballvorlage von Hummels zum 1:1 über die Linie drückt. Und dann passiert das Unfassbare. Direkt im Gegenzug gelingt den Ungarn die erneute Führung, Adam Szalai bereitet vor, spielt den Ball in den Lauf von Andras Schäfer, der zum 2:1 vollendet. Löw wechselt alles ein, was Erfolg versprechen könnte. Thomas Müller kommt, Leon Goretzka – und dem gelingt in der 84. Minute der Ausgleich zum 2:2.

»Nicht sehr« habe er darüber nachgedacht, die Formation zu ändern, sagte Löw. »Die Mannschaft hat eine tolle Einstellung gezeigt, große Moral bewiesen, viele Chancen erarbeitet.« Er habe keine Zweifel gehabt, dass die Mannschaft ihr Ziel erreichen würde. Auch gegen die Ungarn setzte der Bundestrainer auf Vertrauen, die deutsche Mannschaft zahlte in München erneut kämpferisch zurück. Das Tempo des deutschen Spiels sollte der ausschlaggebende Faktor gegen die Mannschaft von Marco Rossi werden, aber der italienische Trainer hatte sein Team optimal eingestellt. Aber der Glücksritter des Spiels war Leon Goretzka, er rettete Joachim Löw. (GEA)