REUTLINGEN. Eine GEA-Leserin moniert, dass immer mehr und größere Wohnmobile in der Straße entlang des Reutlinger Freibads ständig parken. Jüngst habe gar ein Wohnwagen am Straßenrand gestanden, und der Eigentümer habe Tisch und Stuhl auf den angrenzenden Grünstreifen gestellt und dort gesessen. »Die großen Wohnmobile nehmen einem die Sicht und gefährden Fußgänger und Radfahrer und auch Autofahrer«, klagt die Leserin, die selbst ins Freibad radelt. Auch in anderen Straßen sei die Situation ähnlich. »Vielleicht sollte sich die Polizei auch intensiver darum kümmern«, so ihre Anregung.
Im Reutlinger Rathaus weiß man ums Problem: In den vergangenen Jahren haben sich die Beschwerden aus der Bürgerschaft und aus dem Gemeinderat über »übergroße Fahrzeuge«, die im öffentlichen Straßenraum abgestellt werden, gehäuft, sagt Ordnungsamtsleiter Albert Keppler. Dazu gehörten nicht nur Wohnmobile, sondern auch Kastenwagen, die für Firmen im Einsatz sind.
Die Camper »stehen häufig nur rum und werden als überflüssig betrachtet«, sagt Keppler. Nicht nur dass der Parkdruck in vielen Bereichen groß ist und die Anwohner das Nachsehen haben: Kastenwagen und Co beeinträchtigen aufgrund ihrer Dimensionen auch mehr die Sicht als normale Autos und verengen den Straßenraum.
Die Rechtslage ist eindeutig zu Gunsten der Parkenden: Wohnmobile und angekoppelte Wohnwagen dürfen dauerhaft am Straßenrand abgestellt werden (abgekoppelte Caravans nur zwei Wochen am Stück) - sofern gesetzliche Regeln eingehalten werden, die auch für andere Fahrzeuge gelten: So muss beispielsweise die Mindestdurchfahrtsbreite von 3,05 Metern eingehalten werden.
»Die Camper stehen häufig nur 'rum und werden als überflüssig betrachtet «
Selbst auf den parkraumbewirtschafteten Flächen der Reutlinger Kernstadt dürfen Campmobile abgestellt werden, wenn der Besitzer über einen Anwohnerparkausweis verfügt. Der wird in Reutlingen allerdings nur für Camper erteilt, die maximal 3,5 Tonnen wiegen, maximal 6,60 lang und 2,20 Meter breit sind.
So finden Camper in der Regel immer eine erlaubte Möglichkeit, doch selbst in den Industriegebieten klagen die Unternehmen laut Keppler unterdessen, dass die Fahrzeuge den Straßenraum einengen und Zufahrten erschweren.
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Grundsätzlich sei es rechtlich möglich, in einzelnen Straßen das Straßenparken für überdimensionierte Fahrzeuge zu verbieten. Doch die Stadtverwaltung scheut sich, dies lokal begrenzt anzufangen. Das erhöhe nur den Parkdruck in den umliegenden Straßen. »Verdrängende Interventionen muss man sich gut überlegen«, sagt der Amtsleiter. Eine weitere Möglichkeit wäre laut Keppler, an kritischen Stellen punktuell Parkplätze in einer Größe zu markieren, die das Abstellen überlanger Fahrzeuge verhindern.
Der Corona-Camping-Boom und der Trend weg vom Wohnwagen hin zum Wohnmobil füllt die Straßen weiter. Die letzte amtliche Zahl für Reutlingen stammt aus dem Jahr 2021, wo im Reutlinger Stadtgebiet 2.753 Camper angemeldet waren. Bei einer Zunahme von im Schnitt 5 Prozent per anno, ist davon auszugehen, dass aktuell über 3.000 Fahrzeuge unterzubringen sind.
""Verdrängende Interventionen muss man sich gut überlegen "
Mal eben schnell die große Wohnmobilfreiheit genießen: Das geht natürlich am besten, wenn das rollende Hotel vor der Türe steht, am besten auf eigenem Grund. Doch nicht jeder Wohnmobilbesitzer ist auch Grundstückseigentümer.
Mietbare Womo-Parkmöglichkeiten sind rar im Stadtgebiet. Die Stadt hat in einer früheren Untersuchung rund 470 Plätze auf größeren Abstellflächen ausgemacht. Neben privaten Anbietern verfügt die Reutlinger Wohnungsgesellschaft GWG über zwei Areale, auf denen sie in einem abgezäunten Bereich vergleichsweise günstige Wohnwagen- und -mobilstellpätze zur Verfügung stellt. Die sind allerdings heiß begehrt. Wer den Camper aus dem öffentlichen Raum nehmen will, muss schnell 40, 50 Euro und mehr im Monat blechen. Sichere überdachte Plätze sind für teures Geld meist nur außerhalb zu finden, etwa auf Bauernhöfen auf der Alb.
Die grüne Ratsfraktion hatte bereits vor zwei Jahren angeregt, die Stadt möge doch neue Stellplätze für Wohnwagen und -mobile schaffen. Keine Flächen, interimsmäßige Nutzung zu teuer: Die Verwaltung erteilte diesem Ansinnen eine Abfuhr. Auch sah man »keine dringende Notwendigkeit«.
Zwei Jahre später gilt im Grundsatz das Gleiche. Die Stadt will keine Grundstücke für Stellplätze hergeben. Albert Keppler ermuntert aber Private, einen »Geschäftszweig zu erschließen«. Areal pachten, Bauantrag stellen, einschottern, Zaun drum, Stellplätze vermieten: Das könne zumindest ein Interimsinvestment etwa auf einer Brachflächen sein. Als »endgültige Nutzung« eines Areals ist das Camperabstellen allerdings laut Keppler nicht im Sinne der Stadt. (GEA)