REUTLINGEN. Udo Hanke und seine Partnerin haben dieser Tage Post von der GWG bekommen, weil ihre Biotonne »fehlerhaft befüllt« ist. Die Reutlinger Wohnungsgesellschaft warnt darin: »Ab Mitte April bleiben fehlerhaft befüllte Biotonnen ungeleert stehen. Sollte Ihre Hausgemeinschaft das Wegwerfverhalten bis dahin nicht anpassen, drohen Geldstrafen.« Nach Angaben der Technischen Betriebsdienste (TBR) geht die Kampagne »Plastikfreier Biomüll« nach Ostern nun konkret in die verschärfte Phase über.
Das Problem: Hanke ist Mieter in einem GWG-Wohnkomplex in der Reutlinger Pestalozzistraße, in dem sich rund 60 Mitbewohner die vorhandenen fünf Biotonnen teilen.
Dass Udo Hanke, der sich nach eigenem Bekunden immer peinlich genau an die Vorschriften hält, nun ein persönliches Anschreiben der GWG erhält, erbost den Mieter. Er hat sich in einem Brief bei der Geschäftsführung des Unternehmens beschwert: »Wir sind es nicht, die die Tonnen falsch befüllen. Und wir sind nicht bereit, Sonderzahlungen zu leisten.«
»In letzter Instanz könnten die Kosten auf die Betriebskosten umgelegt werden«
Er regt an, dass GWG-Vertreter sich mal vor den Müllraum stellen und den Inhalt der Tonnen kontrollieren. »Abmahnung und später Kündigung«, empfiehlt er für notorische Müllsünder und wünscht sich auch für andere Missstände mehr Engagement der GWG, etwa im Hinblick auf Falschparker oder Grillverbote ignorierende Mitbewohner. Dass Mitmieter Kontrollfunktion bekommen, sieht er nicht ein. »Ich bin hier nicht die Polizei.«
Sonderleerungsgebühren oder Bußgeld
Schon jetzt überschreitet der Fremdstoffgehalt des Reutlinger Bioabfalls die Grenzwerte teils deutlich. MIt der neuen Bioabfallverordnung steigen die Anforderungen an die Qualität der Abfälle ab 1. Mai deutlich an. Um sie einzuhalten, zünden die Technischen Betriebsdienste Reutlingen (TBR) nach Ostern nun die letzte Stufe der Kampagne »Plastikfreier Biomüll«. Bei Kontrollen kommen auch Detektionssysteme an den Müllfahrzeugen zum Einsatz. Werden Fremdstoffe entdeckt, bleibt die Tonne ungeleert stehen. Bewohner müssen selber aussortieren oder eine kostenpflichtige Sonderleerung beauftragen: Kosten je nach Tonnengröße zwischen 60 Euro und 75 Euro. Fallen die Verunreinigungen erst beim Schüttvorgang auf, droht nach TBR-Aussage ein Bußgeld von 80 Euro. (TBR/GEA)
Das Thema ist für die GWG pikant: »Uns ist bewusst, dass es für Mieterinnen und Mieter frustrierend sein kann, wenn sie aufgrund der Fehltrennungen anderer Bewohnender in den Fokus geraten«, heißt es. Deshalb möchte die Wohnungsgesellschaft dafür sorgen, »dass die Verantwortung gerecht verteilt und nicht auf die falschen Personen abgewälzt wird«, heißt es auf GEA-Anfrage schriftlich.
Doch wie will man schwarze Schafe in großen Wohneinheiten ermitteln, und wer zahlt Sonderabfuhr oder Bußgeld bei Fehlbefüllungen? Die GWG habe selbst keine Möglichkeit, einzelne Verursacher direkt zu identifizieren.
»Wir sind es nicht, die die Tonnen falsch befüllen. Und wir sind nicht bereit, Sonderzahlungen zu leisten«
Und weiter: Grundsätzlich liege die Verantwortung für eine korrekte Mülltrennung bei allen Bewohnern des jeweiligen Hauses. »Sollte keine andere Lösung gefunden werden, könnten die Kosten in letzter Konsequenz auf die Betriebskosten umgelegt werden.« Vorrangiges Ziel sei jedoch, »unnötige finanzielle Belastungen zu vermeiden«. Deshalb habe man mit den Technischen Betriebsdiensten bereits frühzeitig über verschiedene Kanäle wie Anschreiben und Aushänge über die Biomüll-Kampagne informiert und setze auch auf direkte Kommunikation, um Fehlbefüllungen zu vermeiden.
Wie viele Reutlinger GWG-Mieter Post wie Udo Hanke bekommen haben, dazu macht die GWG keine Aussage. Die genaue Anzahl der versendeten Schreiben werde derzeit im Rahmen der laufenden Maßnahmen erfasst und ausgewertet, heißt es. Wie viele GWG-Wohnobjekte in Reutlingen könnten insgesamt potenziell zu Problemfällen werden? Auch das müsse zunächst »intern erfasst und analysiert werden«, heißt es.
Derweil will das Unternehmen neben den eigenen Bemühungen die Mieter anregen, auch »untereinander in einem respektvollen Rahmen zu kommunizieren und sich gegenseitig bei der richtigen Mülltrennung zu unterstützen«. (GEA)