REUTLINGEN. Eine ganze Reihe mittelgroßer und kleiner sozialer Einrichtungen hat schon seit Jahren die gleichen Probleme: »Sie suchen alle nach Wohnraum für ihre Klientinnen und Klienten«, betont Michael Wandrey als Vorstand des Vereins Wohn-Werk. 2019 hatten sich insgesamt acht Träger wie der Verein für Sozialpsychiatrie (VSP), »Hilfe zur Selbsthilfe« oder auch die Aidshilfe Tübingen-Reutlingen »auf eine gemeinsame Initiative verständigt«, so Wandrey beim Pressegespräch im Reutlinger S-Haus. Herausgekommen ist dabei eben der Verein Wohn-Werk, der nun den Wohnbestand aller Einrichtungen zusammenführt, verwaltet und versucht, »zusätzlichen Wohnraum von Vermietern zu akquirieren«, wie Renate Stemmer vom Verein »Hilfe zur Selbsthilfe« ausführt.
Über den Wohnungsmarkt in der Region Reutlingen und Tübingen muss nicht viel gesagt werden, die Situation ist bekannt: Es fehlt an Wohnraum an allen Ecken und Enden. Hochpreisige Wohnungen gibt es, aber so gut wie nichts, was auch für kleinere Geldbeutel bezahlbar ist. Oder? »Unsere Klientel der Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf finden auf jeden Fall nichts, wenn sie selbst suchen würden«, sagt Barbara Wolf vom VSP. Deshalb sind die sozialen Einrichtungen immer mehr dazu übergegangen, selbst Wohnungen anzumieten und an ihre Klientel unterzuvermieten. »Das ist aber nicht die ureigenste Aufgabe der Einrichtungen«, sagt Wandrey. Zumal das sehr aufwendig sei.
Nur fürs Mietverhältnis zuständig
Die Idee, den Verein Wohn-Werk zu gründen, ist also nahezu genial – weil sich der Verein im Auftrag der sozialen Träger um die Mietverhältnisse kümmert, nach Wohnraum sucht und auch bei Problemen mit dem Wasserhahn oder der Heizung als Ansprechpartner dienen soll. »Was der Verein nicht tut – er kümmert sich nicht um die Betreuung der Klienten, also um die Sozialarbeit«, sagt Brigitte Ströbele von der Aidshilfe. Dafür seien nach wie vor die jeweiligen Einrichtungen zuständig, betont auch der Leiter der Geschäftsstelle Wohn-Werk, Thomas Schneider. Im Bestand des Vereins sind mittlerweile rund 100 angemietete Wohnungen mit rund 200 Untermieterinnen und Untermietern. Gegenüber den Vermietern tritt das Wohn-Werk als Hauptmieter auf und »übernimmt die Garantenstellung für alle aus dem Mietverhältnis entstehenden Verpflichtungen«, so Wandrey. Wohn-Werk sorgt also dafür, dass die Miete jeden Monat zuverlässig auf dem Konto des Vermieters ist und dass möglichst gar keine Probleme mit dem Mieter auftreten. Getreu dem Motto des Vereins: zuverlässig, gemeinnützig, fair.
INFOS ZU WOHN-WERK
Unterstützt wird der Verein Wohn-Werk über einen Fördertopf des Sozialministeriums. Gründungsmitglieder waren insgesamt acht soziale Einrichtungen. Wer Wohnraum zu vermieten hat, kann sich per E-Mail oder Telefon an den Verein wenden. (nol) kontakt@verein-wohnwerk.de 0176 32621729 www.verein-wohnwerk.de
»Bei den Mietverhältnissen wird es Obergrenzen für die Wohnungsgrößen und die Mieten geben«, sagt Wolf. Im Visier hat das Wohn-Werk die unteren, einfacheren Segmente. »Wir sind damit keine Konkurrenz für den wohnungssuchenden Mittelstand«, betont die Geschäftsführerin des VSP. Wandrey erinnert sich, dass vor der Vereinsgründung die Anmietung von zwei größeren Häusern angeboten wurde. »Das war dann aber zu groß für eine Einrichtung.« Er bedauert das heute noch, denn: »Mit Wohn-Werk wäre das eine tolle Möglichkeit gewesen, verschiedenen Klienten von unterschiedlichen Einrichtungen dort Wohnraum zu verschaffen.«
Eine Botschaft sollte vom Pressegespräch ausgehen: »Wir suchen nach weiteren Wohnungen und wenden uns nur an die Vermieterseite – nicht an Wohnungssuchende«, betont Wandrey. Die Wohnungen würden auch weiter über die Einrichtungen belegt. (GEA)