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Wie Hecken in Reutlingen richtig zu schneiden sind

So eine Hecke kann als gestalterisches Element der Stolz eines jeden Hobbygärtners sein. Sie kann aber auch zum Ärgernis werden, wenn sie quasi über sich hinauswächst. Leser fragten den GEA: Was ist, wenn uniformierte Beamte der Stadt vor der Tür stehen und vorschreiben wollen, wie die Hecke zu schneiden ist. Dürfen die das?

Wenn Hecken zu sehr wuchern, müssen sie geschnitten werden. Dafür gibt es klare gesetzliche Vorgaben. Wer sie nicht zurechtstutz
Wenn Hecken zu sehr wuchern, müssen sie geschnitten werden. Dafür gibt es klare gesetzliche Vorgaben. Wer sie nicht zurechtstutzt, dem kann ein Bußgeld drohen. Foto: Jan Woitas/dpa
Wenn Hecken zu sehr wuchern, müssen sie geschnitten werden. Dafür gibt es klare gesetzliche Vorgaben. Wer sie nicht zurechtstutzt, dem kann ein Bußgeld drohen.
Foto: Jan Woitas/dpa

REUTLINGEN. Kaum ein Bereich, der in Deutschland nicht mit Verordnungen, Vorschriften, Normen oder Gesetzen geregelt ist. Das gilt auch fürs Heckenschneiden. Es soll Hobbygärtner geben, die innerhalb ihres Refugiums wahre Kunsterwerke aus Buchsbaum oder Thuja zusammen schnippeln. Andere machen es sich zum Ziel, ein blickdichtes Mauerwerk aus Grün zu erschaffen. Alles kein Problem. Kritisch wird es für Heckenbesitzer nur, wenn sie an bestimmten Stellen nicht schneiden, schnippeln oder stutzen.

Denn wer einer Hecke freies und ungezügeltes Wachstum gewährt, überschreitet mit dem Gehölz irgendwann eine Grenze. Und wenn hinter der Grenze ein öffentlicher Gehweg liegt, kann es zu Konflikten mit dem Straßengesetz Baden-Württemberg, Paragraf 28, Absatz 2 kommen. Dort steht: »Anpflanzungen und Zäune (...) dürfen nicht angelegt oder unterhalten werden, wenn sie die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen.« Im Klartext: Hecken dürfen nicht zu üppig in einen öffentlichen Gehweg hineinragen.

»Im schlimmsten Fall könnte dem Heckenbesitzer eine Mithaftung drohen«

Albert Keppler, Leiter des Ordnungsamtes Reutlingen, erklärt es so: »So ein Gehweg hat in der Regel eine Breite von 1,25 Metern. Wenn eine Hecke mehr als 40 Zentimeter da hineinwächst, können Fußgänger nicht mehr gefahrlos aneinander vorbeigehen.« Es müsse sichergestellt sein, dass Fußgänger, Menschen mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer nicht auf die Straße ausweichen müssen. Es könne zu Unfällen kommen. »Im schlimmsten Fall könnte dem Heckenbesitzer eine Mithaftung drohen«, warnt Keppler. 

Doch nicht nur für die Breite einer Hecke an öffentlichen Wegen gebe es Vorschriften, auch für die Höhe: »Im Juristendeutsch heißt es: Der Luftraum über dem Straßenkörper muss frei bleiben. Das heißt, die Pflanzen dürfen nicht über das Maß von 2,50 Meter in die Straße hineinragen.« Ebenso dürften Straßenlaternen nicht zuwachsen.

»Zunächst werfen wir ein Kärtle in den Briefkasten mit der Bitte, doch die Hecke zu schneiden«

Er erklärt weiter: »Die städtischen Vollzugsbeamten, das sind auch die, die Falschparker kontrollieren, stehen nicht unvermittelt und ohne Vorwarnung vor der Haustür und weisen auf eine zu wild gewachsene Hecke hin.« Für die Stadtverwaltung Reutlingen gebe es da fünf Schritte: »Zunächst werfen wir ein Kärtle in den Briefkasten mit der Bitte, die Hecke zu schneiden«, so Keppler. Erst, wenn nichts passiere, würden die Beamten in Uniform klingeln und den Heckenbesitzer persönlich auffordern, die Hecke zu stutzen. Passiert immer noch nichts, werde eine Frist schriftlich festgesetzt, bis wann der Heckenschnitt zu erfolgen habe. Verstreiche die Frist, drohe ein Bußgeld von 55 Euro. Erst wenn dann immer noch nichts geschehen sei, rückten die Technischen Betriebsdienste (TBR) aus und übernähmen die Arbeit. »Dann gibt's eine entsprechende Rechnung für diese Leistung«, so Keppler. Er versucht gleichzeitig zu beschwichtigen: »Das mag rigoros klingen, aber Falschparker werden schneller bestraft.«

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Der Behördenchef gibt einen Einblick in die Vorgehensweise: »Wir patrouillieren nicht auf den Reutlinger Gehwegen mit dem Meterstab. Tatsächlich reagieren wir hauptsächlich auf Beschwerden.« Diese seien deutlich häufiger geworden.

»Wir patrouillieren nicht auf den Reutlinger Gehwegen mit dem Meterstab«

Keppler vermutet, dass die Hecken in Reutlingen tatsächlich seltener zurechtgestutzt werden, als früher. »Es könnte sich um ein demografisches Problem handeln. Wir merken, dass die Grundstücksbesitzer mit Hecken immer älter werden. Wahrscheinlich schaffen sie es rein körperlich nicht mehr, ihre alten Hecken zu schneiden.« Je nachdem, wie groß und wie lang ein Grundstück sei, das mit einer Hecke begrenzt ist, sei das schwere körperliche Arbeit: »Wer sich beispielsweise an eine 15 Meter lange Hecke macht, weiß, was das für eine Plackerei sein kann. Das schaffen Menschen über 70 nicht mehr so leicht.«

Wer es nicht mehr schafft, selbst zur Heckenschere zu greifen, müsse sich wohl Hilfe holen. »Ich kann nur alle Heckenbesitzer bitten, regelmäßig ans Schneiden ihrer Gehölze zu denken.« (GEA)