REUTLINGEN. Auch wenn die ehemalige Paketpost, eindrucksvoll illuminiert, in der Kulturnacht vom 21. September ein Anziehungspunkt war: Die dauerhafte Nutzung als »Kulturfabrik«, wie sie manch einer sich wünscht, ist weitgehend vom Tisch, denn die Stadtverwaltung liebäugelt damit, dort ein weiteres Verwaltungsgebäude zu erreichten.
Auf jeden Fall soll das Ergebnis eines noch auszuschreibenden städtebaulichen Ideenwettbewerbs für das ehemalige Areal der Deutschen Post und die angrenzenden Grundstücke abgewartet werden. Bestehenden Überlegungen aus der Kulturszene, zumindest vorübergehend Kunstschaffende dort einziehen zu lassen, verhilft die Gemeinderatsfraktion der Grünen und Unabhängigen nun mit einem entsprechenden Antrag an Oberbürgermeister Thomas Keck zu Gewicht.
Kosten ermitteln
Geht es nach den Vorstellungen der Grünen-Räte, soll die Verwaltung dem Gemeinderat darlegen, »welche Maßnahmen notwendig sind, um das Paketpostgebäude für eine zeitlich begrenzte Nutzung als Ateliers, Probenräume für Musikerinnen und Musiker, Büros für Kreativwirtschaft und Coworking-Büros für Startup-Unternehmen zu nutzen«. Coworking bedeutet, dass kleinere Startups in meist größeren, verhältnismäßig offenen Räumen arbeiten und auf diese Weise voneinander profitieren können. Um die Nutzung zu organisieren und zu planen, soll der Runde Tisch Kultur, bei dem eine Interimslösung ebenfalls schon Thema war, eine Arbeitsgruppe wählen und beauftragen, eine Organisationsstruktur zu erarbeiten. Die Grünen und Unabhängigen wünschen sich ferner von der Stadtverwaltung eine »Kostenkalkulation der möglichen Einnahmen über einen Zeitraum von fünf Jahren«.
Der Post-Tunnel, der unter der Bahnlinie hindurchführt und die alte Paketpost mit der sogenannten Hauptpost an der Eberhardstraße verbindet, soll für Fußgänger und Radler geöffnet und an die Burkardt+Weber-Straße und die Gminderstraße angebunden werden. Ob Bedarf besteht, die Freifläche zwischen Kulturzentrums franz.K, Unter den Linden 23, und Paketpost zu nutzen, wollen die Grünen und Unanhängigen ebenfalls geklärt wissen.
»Es fehlen einfache, preislich günstige Räume, damit sowohl bereits etablierte Künstlerinnen und Künstler zum Beispiel Ausstellungsräume nutzen können, aber eben auch junge Künstlerinnen und Künstler sich entwickeln und auch miteinander Projekte umsetzen können«, schreibt Fraktionssprecherin Gabriele Janz in der Antragsbegründung, auch eine »Experimentalgalerie« sei vorstellbar. Musiker würden den Mangel an Probenräumen beklagen und Start-up-Initiativen suchten immer wieder preisgünstige Räume, »gerne in einem Umfeld von Kreativwirtschaft und innovativen Ansätzen«.
Nicht wie bei der Planie
Es sei der Fraktion bewusst, dass es zu keiner Dauernutzung des Bestandsgebäudes kommen könne, heißt es in der Begründung weiter, aber auch hier sei die Kreativität der Verwaltung gefordert – nämlich, inwieweit es anderswo entsprechende Raumangebote geben könne. »Wir haben erleben müssen, dass das Areal der Planie 20/22 über 10 Jahre leer stand, obwohl auch hier eine weitere vorübergehende Nutzung durchaus möglich gewesen wäre«, schreibt Janz. Alle damaligen Mieter hätten sich auf befristete Mietverträge eingelassen und sich daran gehalten. »Wir sollten es uns nicht wieder leisten, ein leer stehendes Gebäude über Jahre ungenutzt zu lassen.« (GEA)