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Wenn Elektroautos brennen, dann richtig

Stromer fangen nicht leichter Feuer als Verbrenner. Die Löscharbeiten sind aber kompliziert und langwierig. Dabei werden Giftstoffe freigesetzt

Ein Elektro-Auto stand in Pfullingen in Vollbrand.
Ein Elektro-Auto stand in Pfullingen in Vollbrand. Foto: Dietmar Rall/Feuerwehr
Ein Elektro-Auto stand in Pfullingen in Vollbrand.
Foto: Dietmar Rall/Feuerwehr

REUTLINGEN. Spektakuläre Brände von Elektroautos sorgen immer wieder für Aufsehen. Doch sind Stromer wirklich gefährlicher als Verbrenner? Die wichtigsten Fakten:

- Fangen E-Autos schneller Feuer?

»Elektroautos geraten nicht leichter in Brand als herkömmliche Fahrzeuge«, sagt Klaus Merz, Vorstandsmitglied beim Landesfeuerwehrverband Baden-Württemberg. Diesen Befund stützt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mit Zahlen: 15 000 Fahrzeugbrände erfasst er pro Jahr, Elektroautos sind nicht überproportional vertreten.

- Wann geraten E-Autos in Brand?

Als Brandursache infrage kommen Fertigungsfehler und Verkehrsunfälle. Eine spontane Selbstentzündung der Batterie schließen Experten weitgehend aus. Auch der Ladevorgang stellt demnach trotz Erwärmung des Akkus kein erhöhtes Risiko dar – solange es sich um eine zertifizierte und fachmännisch installierte Ladesäule beziehungsweise Wallbox handelt.

- Wie gefährlich sind E-Auto-Brände?

Christian Schäfer, Leiter der Abteilung Mobilität und Technik beim ADAC Württemberg, verweist auf einen eingebauten Schutzmechanismus, der beim Zusammenstoß automatisch die Stromzufuhr kappt. Vor Hochspannung muss man beim Verkehrsunfall also keine Angst haben. Kritischer bewertet die Technische Universität Graz die Gefahr durch brennende Elektroautos. Bei einem Experiment setzte der herkömmliche Pkw fünf Megawatt Hitze frei, der Stromer kam auf bis zu sieben Megawatt. Außerdem wiesen die Österreicher in der Luft höhere Mengen Fluorwasserstoff und Kohlenmonoxid nach. Lösch- und Kühlwasser waren stark kontaminiert.

Zum selben Resultat gelangte die »Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt«. Das Schweizer Institut schreibt in seinem Versuchsbericht: »Da die Konzentrationen von Lithium und der Schwermetalle Kobalt, Nickel und Mangan derzeitige Grenzwerte für die Einleitung in die Kanalisation um ein Vielfaches überschreiten, ist eine Vorbehandlung des Lösch- und Kühlwassers zwingend erforderlich.« Und teuer.

- Besteht in Tunneln größere Gefahr?

Hitze und Giftgase dürften – so die Vermutung – vor allem in geschlossenen Räumen zum Problem werden. Doch die TU Graz gibt Entwarnung: Tunnel seien für die Brandlast eines konventionellen Lkw mit 30 Megawatt ausgerichtet, könnten die stärkere Hitzeentwicklung eines Elektroautos also verkraften. Im Fluchtbereich seien Temperaturen unterhalb der 60-Grad-Grenze gemessen worden. »Das ist zwar keine angenehme Temperatur, aber Flucht und Brandbekämpfung sind noch möglich«, sagt Studienleiter Peter Sturm. Und ergänzt: »Die Brandgase sammeln sich oben im Tunnel und damit außerhalb des für Menschen relevanten Bereichs.« Das gelte jedoch nicht automatisch für Parkhäuser ohne ein vergleichbares Belüftungssystem.

- Dürfen E-Autos im Parkhaus stehen?

Entsprechend sind Elektroautos in einigen Parkhäusern und Tiefgaragen verboten, so in Leonberg (Baden-Württemberg) und Kulmbach (Bayern). Diese Vorsichtsmaßnahme begründet Michael Kuhnlein vom dortigen Tiefbauamt mit der lang andauernden Hitzeentwicklung bei Elektroauto-Bränden. »Der Stahlbeton am Gebäude platzt ab, das Eisen schmilzt, es besteht Einsturzgefahr«, wird er vom Portal Infranken zitiert. Weil der Betreiber Hausrecht hat, entscheidet er selbst, wer in seiner Anlage parken darf. Die Stadt Reutlingen jedenfalls lässt jeden rein. Sie unterhält die Parkhäuser Rathaus, Stadthalle, Pomologie und Lederstraße.

- Was tun, wenn E-Autos brennen?

ADAC-Experte Schäfer rät: »Mitfahrern aus dem Wagen helfen, sich zügig vom Fahrzeug entfernen, die Unfallstelle absichern.« Für Panik bestehe aber kein Grund. »Die Batterie explodiert nicht, es bleibt genug Zeit«, beruhigt Schäfer. Und versetzt dann doch einen kleinen Dämpfer: »Ein Batteriebrand lässt sich nicht mit dem Handfeuerlöscher bekämpfen.«

- Sind E-Autos schwerer zu löschen?

Stromer sind schwerer zu löschen als Verbrenner. Denn die Batterien sind mit Metall oder Kunststoff ummantelt, erklärt Schäfer. »Die Umkapselung ist Segen und Fluch zugleich«, meint er. Was bei Unfällen gegen Stöße schützen soll, verhindert bei Bränden den direkten Zugang. Darum lässt sich die Batterie nicht von innen löschen, sondern nur von außen kühlen. Weil die Zellen in der Batterie nicht auf einmal, sondern der Reihe nach abbrennen, zieht sich der Löschvorgang lang hin. Selbst wenn es keine offenen Flammen mehr gibt, muss weiter gekühlt werden, damit das Feuer nicht aufgrund hoher Temperaturen erneut ausbricht.

- Wie lassen sich E-Autos löschen?

»Mit viel Wasser«, sagt Schäfer. Für Verbrenner braucht die Feuerwehr 3 000 Liter, für Stromer bis zu 10 000 Liter. Manche Abschleppdienste verfügen über Wasserbecken, um darin Elektroautos zum Kühlen zu lagern. Neuerdings gibt es Versuche, die Batterie direkt zu fluten. Dafür muss ein Zugang geöffnet werden, entweder mit einem eingebauten Stutzen von Herstellerseite oder mit einem Löschdorn durch Rettungskräfte.

- Kostet die Versicherung für E-Autos     mehr?

»Autobrände sind in der Teil- und Vollkaskoversicherung gedeckt, unabhängig von der Antriebstechnik des Autos«, erklärt der GDV. »Auch für die Kalkulation der Prämien spielt die Antriebstechnik keine Rolle.« (GEA)