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Was tun, wenn ein Brief für einen Unbekannten im Reutlinger Briefkasten landet?

Ob in Haus- oder Firmenbriefkästen: Dass sich ein Brief oder Päckchen verirrt, kommt immer wieder vor. Foto: dpa
Ob in Haus- oder Firmenbriefkästen: Dass sich ein Brief oder Päckchen verirrt, kommt immer wieder vor.
Foto: dpa

REUTLINGEN. Stell’ dir vor, du bekommst Post, aber die ist gar nicht für dich. In deinem Briefkasten liegt ein Brief, auf dem nicht dein Name steht. Auch nicht der eines Mitbewohners oder einer Mitbewohnerin in deiner Wohngemeinschaft. Noch der eines Mitglieds einer anderen Partei, falls du in einem Mehrfamilienhaus wohnst. Die Adresse ist deine, aber der Adressat oder die Adressatin bist du nicht – und kennst du nicht. Das ist vor Kurzem einer Reutlinger GEA-Leserin passiert. Und die fragt nun: Was tun?

Da es sich in ihrem Fall um ein dreistöckiges Haus mit drei separaten Wohnungen handelt, hat sie den Briefumschlag zunächst gut sichtbar im Treppenhaus platziert. Falls eine ihrer Hausmitbewohnerinnen die ihr unbekannte Adressatin kennt. Es könnte ja sein, dass es jemand ist, der früher dort gewohnt hat, aber umgezogen ist – und eine der schon länger in dem Haus wohnenden Frauen weiß, um wen es sich handelt und wie die Nachsendeadresse lautet. Oder jemand, den eine der ehemaligen Betreuerinnen des jüngst verstorbenen Hausbesitzers kennt.

Könnte alles sein, war aber offenbar nicht so, denn der Brief blieb im gemeinschaftlichen Flur über mehrere Wochen liegen. Unberührt und unbeachtet.

Da der handschriftlich adressierte Umschlag nach Weihnachtspost aussah, wollte die Frau die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Sie überlegte: Ihn entweder mit der Notiz »Adressat unbekannt« wieder in einen Post-Briefkasten stecken? Oder eine entsprechende Leser-Frage an den GEA stellen? Falls andere Menschen ebenfalls Post erhalten, die gar nicht für sie ist, dann hätten die auch gleich etwas davon. So erhielt Letzteres den Zuschlag.

Mehrere legale Möglichkeiten

Wir haben die Frage zunächst weitergereicht, an die Deutsche Post. »Falsch zugestellte Sendungen müssen – sollte der tatsächliche Empfänger bekannt sein – in den entsprechenden Briefkasten eingeworfen werden«, erklärt daraufhin Marc Mombauer, der Pressesprecher der DHL Group, Regionale Kommunikation Süd, in Stuttgart. Das war bei unserer Leserin nicht der Fall. Eine Reutlinger Geschäftsfrau jedoch hat vergangene Woche tatsächlich ganz vorbildlich einen Brief, der an ein anderes Geschäft in der Fußgängerzone gehen sollte, aber mit der falschen Straße und Hausnummer versehen war, einer Freundin mitgegeben, die ihn der Adressatin persönlich aushändigte. Fehlgeleitete Postsendungen kommen also tatsächlich öfters vor.

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Der DHL-Sprecher erklärt weiter: »Sollte der ursprüngliche Empfänger nicht bekannt sein, so kann die Sendung auch einem Zusteller mitgegeben werden. Ebenfalls kann sie auch wieder zu einem Briefkasten gebracht oder in einer Postfiliale abgegeben werden.« Dazu sei der Empfänger, der die Sendung fälschlicherweise erhält, dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zufolge sogar verpflichtet.

Die GEA-Leserin hatte sich aber gegen diese Möglichkeit entschieden, weil sie befürchtete, dass der Brief dann nie und nimmer zu Weihnachten ankäme. Sie googelte den Absender, fand ihn und rief ihn an. So stellte sich heraus, dass sich jener bei der Weihnachtspost an seine Patentochter um eine Ziffer vertan hatte, statt 19 sollte die Hausnummer 18 lauten. So wird der »Fremdgänger« nun persönlich ans Nachbarhaus weitergegeben.

Oder ist dagegen etwas einzuwenden? »Ich sehe da, auch als ehemaliger Journalist, keine juristischen Fallstricke«, teilt Marc Mombauer auf erneutes Nachhaken hin mit. Im Gegenteil: »Es ist schön, dass sich die von Ihnen genannten Menschen untereinander unterstützen. Das zu lesen tut doch ganz gut in diesen Zeiten«, fügt der Sprecher des Post-Dienstleisters in seiner E-Mail hinzu. Was hingegen gar nicht geht: Einen an jemand anderen adressierten Brief öffnen. »Jeder Empfänger ist dazu verpflichtet, vor dem Öffnen zu prüfen, ob dieser auch für ihn bestimmt ist«, stellt Mombauer klar. »Eine widerrechtliche Öffnung kann eine strafbare Verletzung des Briefgeheimnisses darstellen.« (GEA)