REUTLINGEN. Was bedeutet es eigentlich, Erstwähler zu sein? Wie entscheiden junge Menschen, welche Partei sie wählen? Und wie groß ist das Interesse der Erstwähler am Politikgeschehen? Fragen über Fragen. Der GEA hat bei Erstwählern aus der Region nachgefragt, was sie über die anstehende Landtagswahl und die Politik generell denken.
»Ich lese täglich Zeitung oder höre Podcasts und bleibe einfach aufmerksam«, sagt Leopold. Der 20-jährige Politikstudent hält es für unabdingbar, dass junge Menschen wählen gehen. »Ich sage nicht, dass man alles verstehen muss. Aber man muss Politik leben, weil sie unser Leben bestimmt. Deswegen sollten sich auch alle dafür interessieren«, betont er. Nur so könne man die politische Entwicklung vorantreiben und schlussendlich etwas bewegen und verändern.
Ähnlich sieht es die 18-jährige Klara, die Nichtwählen aus Prinzip für »absoluten Schwachsinn« hält. Gerade diese Leute, würden sich ständig über politische Entscheidung beschweren. Und das, obwohl sie ihre Chance zur Partizipation bewusst nicht genutzt hätten. »Das ist unsere Zukunft. Zu sagen: Es ändert sich sowieso nichts, macht keinen Sinn. Jeder sollte sein eigenes Schicksal selbst in die Hand nehmen«, meint die angehende Abiturientin.
Wie aber findet sie für sich heraus, welche Partei am besten zu ihren politischen Vorstellungen passt? »Nachrichten verfolgen. Dort erfährt man, wie sich die verschiedenen Parteien oder Kandidaten in gewissen Fragen und Problemen positionieren. Das hilft bei der Entscheidungsfindung enorm«, betont Klara.
Ein gängiger Vorwurf lautet: Junge Menschen interessieren sich nicht für Politik. Ist das wirklich so? Die angehende Abiturientin Antonia hat dazu eine klare Meinung. »Ich setze mich auch nicht jeden Tag mit Politik auseinander. Ich finde es aber wichtig, dass wir uns wenigstens ein bisschen dafür interessieren. Schließlich spielt sie in unserem Leben eine große Rolle«, sagt sie.
Viele Dinge des alltäglichen Lebens würden rein auf politischen Entscheidungen basieren.Was für sie ebenfalls wichtig ist und woran sie dringlich appelliert? »Bildet euch eure eigene Meinung. Wählt eine Partei nicht nur, weil das eure Eltern oder Freunde machen, sondern setzt euch mit den Wahlprogrammen auseinander.«
Colin ist Student und zugleich politikinteressiert. Deshalb muss er sich vor der anstehenden Wahl auch nicht bewusst informieren. Das tut er nämlich auch so, indem er viele Tageszeitungen liest und sich häufig und gerne mit Leuten über Politik unterhält.
Außerdem ist der 20-Jährige viel auf Social-Media-Plattformen unterwegs und findet, dass vor allem Twitter eine optimale Plattform ist, um mehr über Politik zu erfahren und gut informiert zu bleiben. Was ihm politisch besonders am Herzen liegt? »Eine ökologisch und sozial gerechtere Gesellschaft, stärkere ÖPNV-Förderung und eine größere Akzeptanz der Digitalisierung.« Colin ist mit der Regierungspolitik der Grünen zufrieden und sieht daher keinen Grund für eine große Veränderung.
Freddy hebt den großen Stellenwert des Föderalismus in Deutschland hervor. »Gerade deshalb ist die Landtagswahl so wichtig, mindestens genauso wichtig wie die Bundestagswahl«, meint er. Der 20-Jährige informiert sich regelmäßig über Politik, besonders auf Social-Media-Plattformen. Angesichts der aktuellen Corona-Lage hofft er auf eine sichere Wahl unter virologischen Gesichtspunkten.
Ein Punkt, der bisher noch nicht genannt wurde, ist der Umgang mit der AfD. Wie sehen junge Menschen eigentlich diese Partei? »Sie liefern zu einfache Antworten auf komplexe Fragen«, sagt Aaron. »Politische Debatten sind oftmals tiefer gehend und hierbei ist die AfD scheinbar nicht dazu in der Lage, fundierte und nachhaltige Lösungen anzubieten, sondern tritt mit einer politischen Unüberlegtheit auf, die sie regierungsuntauglich macht«, betont der 20-Jährige.
Was glauben die Erstwähler, wie die Wahl ausgehen wird? »Ich denke es wird erneut eine Schwarz-Grüne-Regierung. Ich habe allerdings die Befürchtung, dass die AfD zulegen wird. SPD und Linke werden Stimmen verlieren und die Grünen weiter gewinnen«, vermutet Colin. (GEA)