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Aktuell Leserfrage

Wann genau blitzen die neuen Radarfallen an der B28?

Auf dem kurzen vierspurigen Abschnitt der B28 zwischen Reutlingen und Metzingen stehen seit ein paar Wochen zwei neue Blitzer. Dort gilt Tempolimit 120 und bei Nässe Höchstgeschwindigkeit 80 km/h. Ein GEA-Leser wollte wissen: Können die Geräte auch bei Regen Tempoverstöße entsprechend messen?

Seit September an der B28 zwischen Reutlingen und Metzingen im Einsatz: Der neue Blitzer vom Typ Traffistar S350. Können er und
Seit September an der B28 zwischen Reutlingen und Metzingen im Einsatz: Der neue Blitzer vom Typ Traffistar S350. Können er und sein Zwilling auf der anderen Straßenseite auch bei Nässe blitzen? Foto: Frank Pieth
Seit September an der B28 zwischen Reutlingen und Metzingen im Einsatz: Der neue Blitzer vom Typ Traffistar S350. Können er und sein Zwilling auf der anderen Straßenseite auch bei Nässe blitzen?
Foto: Frank Pieth

REUTLINGEN. Die Verkehrsschilder auf der B28 auf dem Abschnitt zwischen Reutlingen und Metzingen sind eindeutig: Höchstgeschwindigkeit 120 km/h und darunter der Hinweis: »Bei Nässe Tempo 80«. Dass die beiden neuen Geschwindigkeitsmessanlagen auf Höhe des Reutlinger Stadtteils Sondelfingen ihren Dienst bei Verstößen gegen Tempo 120 versehen, haben sie bereits unter Beweis gestellt. Ob sie das auch bei Regen und nasser Fahrbahn und der dann geltenden Höchstgeschwindigkeit 80 können, wenn jemand mit mehr als 80 Sachen unterwegs ist, wollte ein GEA-Leser wissen.

Die Beschilderung habe durchaus seinen Sinn und diene der Sicherheit der Autofahrer und den Nerven der Anwohner. »Auf der Strecke gibt es mehrere Senken, in denen sich bei Regen das Wasser regelrecht abfließt. Da ist es wegen der Aquaplaninggefahr besser, nicht zu rasen«, sagt Reutlingens Ordnungsamtsleiter Albert Keppler. Mit Blick auf die Menschen, die an der Strecke wohnen, fügt er hinzu: »Bei Nässe ist der Verkehr noch lauter als bei Trockenheit. Deshalb bedeutet langsamer fahren auch weniger Lärmbelästigung für die Anwohner dort.«

Ortungsamtsleiter und Hersteller machen dicht

Doch auf die Leserfrage angesprochen, reagiert Albert Keppler auf einmal ziemlich zugeknöpft: »Ob die neuen Blitzer technisch entsprechend ausgerüstet sind und deshalb auch erkennen können, wann die Höchstgeschwindigkeit 80 km/h überschritten wird, das bleibt unser Betriebsgeheimnis.« Selbst mit Engelszungen lässt sich der Behördenchef aber nicht dazu bewegen, die technischen Details zu verraten, um die Leserfrage zu beantworten. Er betont aber, der Behörde sei die Rechtssicherheit bei Blitzerfotos sehr wichtig. Mit anderen Worten: Das, was die Tempofallen an Fotos liefern, muss auch in einem etwaigen Rechtsstreit vor Gericht Bestand haben.

Keine Antwort auf die Leserfrage also aus dem Reutlinger Ordnungsamt. So wendet sich der GEA mit ihr an den Hersteller des Traffistar S350. So heißen die Modelle, die seit September an der B28 ihren Dienst aufgenommen haben. Gebaut und vertrieben werden sie von Jenoptik. Doch auch in der Hightech-Schmiede mit Hauptsitz im thüringischen Jena gibt man sich zugeknöpft. Nach mehrfacher Nachfrage teilt das Unternehmen schriftlich mit: »Besten Dank für Ihre Anfrage und Ihr Interesse an dem Traffistar S350 System. Zu dem angefragten Thema werden wir keine Auskünfte geben.«

Juristischer Experte für Blitzeranlagen

Aus diesem Grund fragt der GEA nach bei einem, der es wissen müsste: Peter Schmarsli, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Rottenburg. Über seinen Schreibtisch sind in den vergangenen 30 Jahren nach eigener Auskunft unzählige Klagen, Verfahren und Beschwerden wegen Blitzer unterschiedlicher Bauart gegangen. Er ist regelmäßig deswegen mit seinen Mandanten vor Gericht und kennt sich bis ins Detail aus: »Ich kann mich an keinen Fall erinnern, bei dem es in diesen 30 Jahren um Blitzerfotos bei Regen oder Nässe ging.« Denn entscheidend sei der einwandfreie rechtliche Nachweis, der Nässe auf der Fahrbahn. Die sei nämlich im Einzelfall nicht so einfach nachzuweisen: »Da müsste auf dem Blitzerfoto schon deutlich das Aufspritzen von Wassers unmittelbar am Fahrzeug erkennbar sein«, so seine Einschätzung. Es reiche eben nicht, wenn ein eingebauter Regensensor eines Blitzers nass geworden sei. Auch der Fachanwalt betont die Rechtssicherheit. Er habe keine Kenntnis davon, dass der Traffistar S350 serienmäßig mit einem Regensensor ausgerüstet sei. Möglich sei, dass das Modell nachgerüstet werden könne.

Die Stadt Reutlingen definiert Nässe auf der Fahrbahn auf GEA-Anfrage übrigens so: »Nässe auf Straßen liegt vor, wenn die gesamte Fahrbahnoberfläche mit einem sichtbaren – auch dünnen – Wasserfilm bedeckt ist. Einzelne Pfützen, Wasserlachen oder lediglich feuchte, dunkel verfärbte Stellen gelten noch nicht als nass. Bei tatsächlicher Nässe verlängert sich der Bremsweg und das Risiko von Aquaplaning steigt.«

Umstellen auf Höchstgeschwindigkeit 80 ist möglich

Der Rottenburger Verkehrsrechtler führt dann noch aus, dass es möglich sei, die Technik des S350 darauf einzustellen, dass er eben bei Nässe blitzt und bei Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit 80 km/h entsprechende Fotos schießt: »Das Gerät könnte per Funkfernbedienung darauf umgestellt werden oder ganz simpel per Hand. Das bedeutet: Ein Mensch wird vom Ordnungsamt beauftragt, die Messtechnik am Gerät manuell auf die Höchstgeschwindigkeit Tempo 80 umzustellen. Vorher müsste sich der Beauftragte davon überzeugen, dass 'Nässe auf der Fahrbahn' auch tatsächlich gegeben ist. Stichwort Rechtssicherheit.« Dann, so Peter Schmarsli, sei Blitzen bei Tempo 80 und Nässe tatsächlich möglich.

Auch wenn sich Reutlingens Ordnungsamtsleiter Albert Keppler bei den beiden neuen B28-Blitzern nicht in die Karten schauen lassen will, betont er im GEA-Gespräch mehrfach: »Die Blitzer dienen auch dem Schutz der Autofahrer. Gerade auf dieser Strecke wird schnelles Fahren bei Nässe zur Gefahr. Deshalb sollte man die Geschwindigkeit entsprechend anpassen.« (GEA)

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