REUTLINGEN. »Das eine Wunder«, sagt Vesperkirchen-Pfarrer Jörg Mutschler, »ist die unglaubliche Zahl an Menschen, die sich für die Vesperkirche engagieren. Das zweite Wunder ist die Zahl der Sponsoren, die diese Einrichtung erst möglich macht. Und das dritte Wunder ist die Motivation, die der gesamte Leistungskreis über die vier Wochen, die die Vesperkirche dauert, hält.« Am Sonntag, 12. Januar, wird die 23. Auflage in der Nikolaikirche eröffnet. Bis zum 9. Februar servieren Ehrenamtliche im Schnitt zwischen 250 und 350 Essen pro Tag.
»Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete«, sagt Pfarrer Dr. Joachim Rückle. Der Geschäftsführer des Diakonie-Verbandes hat eine erfahrene Mannschaft im Rücken, auf die er sich verlassen kann und die seit Wochen mit der Organisation dieser karikativen Einrichtung beschäftigt ist – eine von 34 Vesperkirchen in Baden-Württemberg, in der in der kalten Jahreszeit warme Mahlzeiten und Raum für Begegnungen angeboten werden.
Kosten in Höhe von 110 000 Euro
Wie in den Jahren zuvor kommt das Essen von der Bruderhaus-Diakonie. Serviert werden Mahlzeiten inklusive eines Getränkes und Vesperpaket täglich von 11 Uhr bis 13.30 auch samstags und sonntags. Die Cafeteria ist bis 14.30 Uhr geöffnet. Weil ökologische Nachhaltigkeit immer mehr in den gesellschaftlichen Fokus rückt, versuchen die Organisatoren der Vesperkirche – der Leitungskreis besteht aus 18 Personen – so gut es geht, auf Plastik zu verzichten. »Gäste, die noch ein Vesper mitnehmen wollen, sollen eine Tragtasche mitbringen«, sagt Jutta Kuhk vom Leitungskreis.
Die Vesperkirche ist ökumenisch ausgerichtet und hat sich längst auch auf muslimische Gäste eingerichtet. Deshalb steht mittwochs kein Schweinefleisch auf der Speisekarte. Und der Freitag ist in Zukunft vegetarisch. »Die Menschen sollen sich in der Vesperkirche begegnen«, sagt Joachim Rückle. »Menschen, die im täglichen Leben vielleicht nicht so viel miteinander zu tun haben. Die Begegnungen sollen zwanglos, sollen zufällig sein.«
Dass in der Vesperkirche gesellschaftliche Grenzen verschwimmen, bestätigt Gisela Braun vom Diakonie-Verband Reutlingen. Sie ist Vesperkirchenkoordinatorin und Ansprechpartnerin für Ehrenamtliche. Sie kann auf einen festen Stamm von fast 300 freiwilligen Helfern zurückgreifen. »Die Ehrenamtlichen werden im Oktober von uns angeschrieben, damit sie sich in Listen mit Arbeitszeiten eintragen können.« Schüler, Auszubildende, Ehepaare sind genauso am Start wie Ärzte, Friseure, Masseure, Fahrer und Spender von Lebensmitteln. Der Tross, der sich ab 12. Januar auf die vierwöchige Reise macht, ist jedenfalls gewaltig. Die Logistik, die geschultert werden will, ist enorm. Mit ehrenamtlicher Arbeit allein lässt sich die Vesperkirche allerdings nicht bewältigen. Sie kostet auch richtig viel Geld. 110 000 Euro müssen Jahr für Jahr zusammenkommen, allein 70 000 Euro fürs Essen. (GEA)
AUF HILFE ANGEWIESEN
Die Vesperkirche ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Wer spenden möchte, kann dies über folgendes Konto tun: Reutlinger Vesperkirche–Diakonieverband IBAN: DE18 6405 0000 0100 0230 73 Wer eine Spendenbescheinigung will, sollte seine vollständige Adresse angeben. Willkommen sind außerdem weitere Helfer. Sie können sich telefonisch oder per Mail melden. (GEA)
07121 94860 vesperkirche@diakonie-reutlingen.de