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US-Studentin wegen Amphetaminen vor Amtsgericht

Die junge Frau nimmt täglich Mittel, um sich besser konzentrieren zu können. Theoretisch legal, nur in Deutschland nicht ohne Weiteres

Handschellen liegen auf einem Tisch
Handschellen liegen auf einem Tisch. Foto: Armin Weigel/dpa/Archivbild
Handschellen liegen auf einem Tisch. Foto: Armin Weigel/dpa/Archivbild

REUTLINGEN. Eine Studentin aus North-Carolina saß gestern vor dem Amtsgericht, weil sie Betäubungsmittel nach Deutschland eingeführt haben soll. Der Zoll hatte Anfang des Jahres ein Päckchen mit Amphetaminen aus dem Verkehr gezogen, das die Mutter dem Kind nach Deutschland nachgeschickt hatte. Die 22-Jährige nimmt es täglich auf Rezept, um sich besser konzentrieren zu können. Alles ganz legal, nur in Deutschland eben nicht ohne Weiteres. Das wussten weder Mutter noch Tochter.

Richter Sierk Hamann wollte die deutsch-amerikanischen Beziehungen nicht gefährden und sprach die junge Dame frei, trotz der unbeantworteten Briefe. Diese hatte er ordnungsgemäß an das Reutlinger Studentenwohnheim geschickt, in dem die Frau registriert war. Auch ein Strafbefehl blieb dort liegen, weil die Frau ein halbjähriges Praktikum in Berlin absolvierte. Von dort aus flog sie direkt in die Staaten auf Heimaturlaub. Als sie zurückkehrte, schlossen sich die Handschellen um ihre Handgelenke. Sie wurde in Stuttgart verhaftet, weil sie die Geldstrafe auf Bewährung nicht bezahlt hatte – 100 Euro an die Staatskasse. Sie war also nicht nur in Deutschland gelandet, sondern auch auf der Fahndungsliste. Wie eine Schwerverbrecherin muss die Frau behandelt worden sein, wofür sich Richter Hamann entschuldigte.

Bei den Amphetaminen handelte es sich um 30 Tabletten aus der Apotheke. Manche Studenten nehmen sie zur Leistungssteigerung, was wiederum an die lange Karriere der Substanz erinnert. So wurde im Zweiten Weltkrieg die berühmte »Fliegerschokolade« verteilt, um Soldaten wach, motiviert und aggressiv zu halten – übrigens nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Japan. Im Sport wird die Substanz als Dopingmittel gewertet. Die internationale Anti-Doping-Agentur verbietet Amphetamine im Wettkampf.

Weil die Frau nichts von alldem wusste, darf sie nun getrost nach Hause fliegen. Sie und Richter Hamann verabschiedeten sich mit einem herzlichen »Merry Christmas«.