REUTLINGEN. An der Marienkirche wird die für 2021 geplante Sanierung des Westturmes vorbereitet. »Im Moment laufen die Untersuchungen der Steinqualität und der Fugen«, erklärt Albert Hörz vom Reutlinger Architekturbüro Riehle+Assoziierte. Die Klopfgeräusche macht Steinmetzmeister Hermann Schäfer mit seinem Hammer. Der ausgewiesene Spezialist für Natursteingebäude kommt aus Erlensee bei Frankfurt, und kennt Reutlingens größte Kirche bereits von der Sanierung des Turmhelmes vor knapp einem Jahrzehnt. Jetzt beschäftigt Schäfer und Horz die Frage, wie es den Steinen und Fugen am Turm geht, die überwiegend viele Jahrhunderte alt sind.
90 Prozent der Steine, die Reutlinger heute beim Anblick ihrer Marienkirche sehen, stammen noch aus der Bauzeit des Turmes, der zwischen 1300 und 1343 in den Himmel gewachsen ist. Die aktuellste Sanierung ist in den 80er Jahren unseres Jahrhunderts über die Bühne gegangen. Jetzt ist es wieder Zeit sich intensiv um den Sakralbau zu kümmern.
Gebaut wurde die Marienkirche aus Sandstein, im Laufe Zeit kamen aber auch Elemente aus Muschelkalkstein zum Einsatz - was sich mittlerweile als keine gute Idee herausstellt. »Die Muschelkalkbrüstung der 50er Jahre hat Risse«, beschreibt Albert Hörz den Hauptgrund für die jetzt geplante Sanierung. Doch es gebe noch weitere bekannte Mängel am geschichtsträchtigen Gebäude.
»Ein Wasserspeier ist sehr betroffen. Der hat Quer- und Längsrisse, die aber mit Edelstahlbändern gesichert sind«, sagt der Reutlinger Architekt. Die Steinflächen der Marienkirche seien im Wesentlichen in Ordnung, »aber es gibt Zierelemente, die durch die Witterung beschädigt sind«. Deswegen fährt Steinmetz Schäfer jetzt noch bis in die kommende Woche hinein mit dem Hubsteiger auf und ab.
Jeder einzelne Stein und jede Fuge wird in Augenschein genommen. Bei Verdacht auf Schäden kommt der Hammer zum Einsatz. »Schadhafte Steine klingen hohl, weil da eine Schalenbildung entsteht - so ähnlich wie Schuppen auf der Haut«, beschreibt Hölz die Erkennung von Mängeln. Auch Fugen mit Schwächen klingen anders als intakte. Am Ende werden die Baufachleute genau wissen, wie hoch der Sanierungsaufwand am Westturm tatsächlich ist. Dann folgt ein wenig Bürokratie bis zum Baubeginn.
Nach den Untersuchungen wird ein Antrag auf denkmalamtsrechtliche Genehmigung der Sanierung gestellt. Gleichzeitig erfolgt ein Antrag auf Denkmalmittel, sprich Geld vom Land. »Dieser Antrag muss im September eingereicht werden«, erklärt Hörz den Zeitplan. Mit der Genehmigung der Mittel könnte im Laufe des kommenden Jahres gerechnet werden. Erst danach erfolgt wahrscheinlich im Winter 2020 die Ausschreibung der Arbeiten. Als Baubeginn peilen Architekt und die Evangelische Kirchengemeinde Reutlingen das Frühjahr 2021 an. Sollte das alles zeitlich so klappen, könnte der Weststurm der Marienkirche bis zum Herbst 2021 komplett saniert sein. (GEA)