REUTLINGEN. Menschen fürs Klima erwärmen, das wollen die jungen Aktivistinnen und ein Aktivist, die am Donnerstag im »Klimacamp« der Reutlinger Ortsgruppe von Friday for Future (FFF) vor dem Rathaus anzutreffen sind. Einige der 17- bis 19-Jährigen sind bereits den vierten Tag dort. Helena Gessert (19) vom Jugendgemeinderat etwa, die seit Ostermontag jede Nacht mit Isomatte und Schlafsack in einem Igluzelt auf dem harten Betonplattenboden ausharrt. Morgens wird sie entsprechend früh wach und schaut dann in Decken gehüllt vom Sofa im offenen Pavillonzelt aus der Stadt beim Sich-Beleben zu. Die Reaktionen seien zum Teil lustig, erzählt sie. Wenn Leute, die im Anzug zur Arbeit oder zu einem Termin aufs Amt eilen, das Protestcamp beäugen.
Clara Hagemann schaut besorgt nach einem von zwei Tulpensträußen, die das mit Campingstühlen, Biertischen, Teetassen und Thermoskannen sowie Info- und Bastelmaterial ausgestattete Camp einladender machen sollen. Doch die symbolisieren eher den stummen Aufschrei einer bis zum Umkippen belasteten Umwelt. Die Köpfe hängen lassen wollen die beiden Schülerinnen der berufsbildenden Laura-Schradin-Schule hingegen grade nicht. Vielmehr: »die Leute für unsere Forderungen sensibilisieren«, erklärt die 18-Jährige. Denn die haben sie sorgfältig mit Experten formuliert. Der offene Pavillon zeige, »dass man sich gern zu uns hocken und mit uns reden kann«. Ihre Schulferien verbringen sie in der relativ ungemütlichen Umgebung zudem, um »Entscheidern« in der Verwaltung und Kommunalpolitik vor den anstehenden Europa- und Kommunalwahlen klarzumachen, wie dringlich es ist, die längst vereinbarten Klimaziele einzuhalten.
Überraschend hatten sie neben dem einzigen Fix-Termin, bei dem jeden Tag Vertreter einer der im Gemeinderat vertretenen demokratischen Parteien vorbeischauen - am Donnerstag die Freien Wähler -, Besuch von Baubürgermeisterin Angela Weiskopf und der Grünen-Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke. Ein Herr mittleren Alters bleibt unvermittelt stehen und sagt »ein aufmunterndes Danke, dass Ihr das macht«. »Die Dialoge mit Passanten sind mega-interessant«, findet Helena. »Wir planen nebenbei gerade eine Podiumsdiskussion.« Einfach mal Zeit zu haben, länger miteinander zu quatschen, tut auch gut, meint Clara - »während man hier im gemütlichen Rahmen miteinander friert«. Gerade herrscht »ein bisschen Überflutung«, sagt Helena und drückt eine Delle aus der Plane, die sich durch den Regen gebildet hat. Das Wetter könnte besser sein. Und auf Jugendliche, die albern herumpöbeln, könnten sie und ihre Mitstreiter auch verzichten. Aber ansonsten sind sie zufrieden mit Tag vier des FFF-Klimacamps. (GEA)