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Stele erinnert an Reutlingens Zeit unter der Staufer-Dynastie

Die neue Gedenkstele an der Stadtmauer erinnert an Reutlingens Zeit unter der Staufer-Dynastie

Nach dem Festakt im Spitalhof wurde die Stauferstele in der Zeughausstraße enthüllt (von links): Bürgermeister Robert Hahn, Loth
Nach dem Festakt im Spitalhof wurde die Stauferstele in der Zeughausstraße enthüllt (von links): Bürgermeister Robert Hahn, Lothar Guhl, Roland Deigendesch, Markus Wohl und Detlef Guhl. FOTO: MEYER
Nach dem Festakt im Spitalhof wurde die Stauferstele in der Zeughausstraße enthüllt (von links): Bürgermeister Robert Hahn, Lothar Guhl, Roland Deigendesch, Markus Wohl und Detlef Guhl. FOTO: MEYER

REUTLINGEN. Von der Nordsee bis Sizilien. Ein Reich. Staufer-Land. Und mittendrin Reutlingen. Das ist lange her. Zwischen 1079 und 1268 hat eine Dynastie das europäische Mittelalter wie keine zweite geprägt – als Herzöge, Könige und Kaiser. Die herausragenden Männer der aus dem Göppinger Albvorland stammenden Adelsfamilie sind Kaiser Barbarossa und sein Enkel Friedrich II.

Sie förderten die Geldwirtschaft, Künste und die Kultur, schufen ein neues Rechtssystem und gründeten Städte. Womit wir in Reutlingen angelangt wären. Während Barbarossas Regierungszeit (1152 bis 1190) erhielt Reutlingen Marktrecht, spätestens unter Friedrich II. (1220 bis1245) wurde das Dorf umwehrt und zur Stadt ernannt.

Der Papst lag da im Dauerkonflikt mit dem Kaiser, setzte ihn schließlich ab. Friedrichs II. Nachfolger, sein Sohn Konrad IV., akzeptierte der Papst auch nicht. Er lancierte den Thüringer Grafen Heinrich Raspe als Gegenkönig. Die junge Reichsstadt hielt den Staufern die Treue. An Pfingsten 1247 belagerten Raspes Anhänger erfolglos die Stadt; da war der »Pfaffenkönig« bereits auf seiner Wartburg den Verletzungen des Reutlinger Scharmützels erlegen.

»Den Staufern hat Reutlingen viel zu verdanken«

Der Überlieferung zufolge begannen die Reutlinger daraufhin mit dem Ausbau der Marienkirche, der erst 1343 beendet war. Der zurückgelassene Sturmbock soll danach in der Kirche aufgehängt worden sein. Um 1517 wurde er durch ein jetzt zugemauertes Mauerloch in der Chorwand herausgeschoben und am alten Rathaus aufgehängt – wo beide aber beim Stadtbrand 1726 zerstört wurden. Das Replikat liegt heute an der Kirchenaußenwand.

Die Eckbuckelquader am Tübinger Tor zeugen von der stauferzeitlichen Stadtbefestigung. Die Ruinen der Höhenburg Achalm erinnern indirekt an einen tragischen Familienzwist der Staufer: 1235 haben Ritter des Kaisers die Anhänger seines aufrührerischen Sohnes Heinrich VII. ebendort besiegt.

Mit dem 1561 errichteten Kirchbrunnen wird an Kaiser Friedrich II. erinnert. Die 1903 erneuerte Statue zeigt den Herrscher mit der (verloren gegangenen) Gründungsurkunde der Stadt.

Nun hat Reutlingen ein gewichtiges neues Denkmal bekommen – eine Stauferstele. In sechs europäischen Ländern werden seit dem Jahr 2000 Erinnerungsmonumente an Orten errichtet, die einen Bezug zu den Staufern haben. Sie werden von Stiftern finanziert, die das »Komitee der Stauferfreunde« wirbt. Karl-Heinz Rueß stellte am Freitag beim großen Festakt im voll besetzten Spitalhof das Projekt vor. »Geplant als einmalige Aktion, ist daraus mittlerweile ein Netzwerk der Erinnerung geworden«, sagte er.

Die 38. Stele dieses weltweit einzigartigen Projekts ist nun an der Ecke Zeughaus- und Mauerstraße feierlich enthüllt worden. Der Platzwahl ging eine lange Suche voraus, wie Bürgermeister Robert Hahn erläuterte.

Mit dem gut erhaltenen Stück der spätmittelalterlichen Stadtbefestigung samt Zwingerturm, Zeughaus, Kesselturm und einem Wehrgang auf der Stadtmauer habe Stadtarchivar Roland Deigendesch einen idealen Ort gefunden. »Den Staufern hat Reutlingen viel zu verdanken. Wir freuen uns über dieses wunderschöne Erinnerungszeichen«, sagte Hahn.

Geschaffen hat die 2,75 Meter hohen und 4,5 Tonnen schweren Denkmäler der bekannte Stuttgarter Bildhauer Markus Wolf. Er schlug sie in Jurastein aus dem Altmühltal und setzte sie aus vier Teilen wieder zusammen. Die Stelen greifen den oktogonalen Grundriss auf, den auch das von Friedrich gebaute Castel del Monte (Apulien) aufweist. Den oberen Abschluss bildet ein die Reichskrone symbolisierendes goldenes Band. Auf vier Seitenflächen sind lokalbezogene Inschriften eingemeißelt, im Falle Reutlingens die Stadterhebung, das Gelübde des Kirchenbaus und die Belagerungen von Stadt und Achalm. Die Stele ziert das Wappen des Thüringer Landgrafen, den staufischen Reichsadler, die Stauferlöwen und das Stadtwappen.

Die nächststehenden Stelen sind übrigens auf dem Hohenneuffen, in Esslingen und im Albdorf Justingen bei Schelklingen. Ermöglicht haben das Projekt als Stifter Dr. Detlef und Dr. Lothar Guhl, die Söhne des 2008 verstorbenen Karl Guhl. Er war von 1968 bis 1984 Erster Bürgermeister und trieb die Erweiterung des Stadtgebiets durch Eingemeindungen voran. Bereits als GWG-Geschäftsführer hatte er den Stadtteil Orschel-Hagen planen lassen. »Guhl war also auch ein Stadtgründer wie die Staufer«, so Bürgermeister Robert Hahn. (GEA)