REUTLINGEN. Das Thema Klimaschutz ist in den Kirchen seit Langem präsent, sagt Cornelia Eberle. Schon 1983 hatte der Ökumenische Rat der Kirchen bei einer Vollversammlung »zu einem konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung aufgerufen«, erinnert sich die Pfarrerin der Reutlinger Citykirche, die sich zudem in die Klimaschutz-AG der Gesamtkirchengemeinde einbringt. Das Engagement der evangelischen Kirche für den Klima- und Umweltschutz sei jedoch kaum bekannt, wie Eberle ausführt. Viel »Bewusstseinsbildung« sei bereits geleistet worden, aber: »Es braucht eine andere Vehemenz, weil der Klimawandel enorme Anstrengungen erfordert«, ist sich die Pfarrerin sicher.
Angestrebt wird die stärkere Dominanz des Themas sowohl von Daniel Fehrle, Geschäftsführer des Dienstleistungszentrums Reutlingen, wie auch von Ulrike Hipp, die nicht nur Mitarbeiterin der Klimaschutzagentur des Landkreises ist, sondern auch Kirchengemeinderatsmitglied in der Kreuzkirche – und zudem aktives Mitglied in der Klimaschutz-AG der Gesamtkirchengemeinde. Auch Katrin Motta von der Hohbuch-Kirchengemeinde bringt sich in der AG ein: »Es gibt ja schon viele Bemühungen und Maßnahmen, die aber auch innerkirchlich oftmals nicht bekannt sind.« Martin Willmann von der Jubilate-Kirchengemeinde etwa führt schon seit mehr als einem Dutzend Jahre Buch über den Energieverbrauch der Kirche in Orschel-Hagen. »Die Software war aber anfangs nicht bedienerfreundlich«, sagt Willmann.
Excel-Tabellen geführt
Deshalb führt er seit Langem selbst entworfene Excel-Tabellen – und hat dabei immer wieder Erstaunliches festgestellt. Wie etwa einen rapiden Anstieg des Stromverbrauchs im Januar 2018. Nach anfänglicher Ratlosigkeit kam er darauf, dass das Kirchengebäude über eine Dachrinnenheizung verfügt – damit sich bei Schnee das Schmelzwasser dort nicht staut und dann womöglich in die Kirche dringt. »Irgendjemand muss den Schalter auf Dauerbetrieb gestellt haben«, so Martin Willmann. Mit dem Umschalten auf die automatische Steuerung wurde der Stromfresser wieder auf null gestellt. Ohne die ständige Kontrolle durch Willmann wäre der Anstieg des Stromverbrauchs erst bei der Jahresendabrechnung im folgenden Jahr aufgefallen.
Solche und ähnliche Maßnahmen seien sinnvoll und ohne viel Aufwand durchzuführen, erklärt auch Patrick Staudenrauß von der Klimaschutzagentur des Landkreises. Natürlich sei die Sanierung der zahlreichen Gebäude in kirchlichem Eigentum sinnvoll – aber extrem teuer. »Die Optimierung des Nutzerverhaltens wie etwa richtiges Heizen und Lüften ist da wesentlich einfacher und sehr effektiv«, so Staudenrauß. Cornelia Eberle hat dazu ein einfaches Beispiel aus der Citykirche parat: Ein breiter Spalt unter einer Tür zur Bühne hinauf führte lange dazu, dass kalte Luft wie durch einen Sog ins Kirchenschiff gelangte. Durch das Abdichten des Spalts wurde das Thema behoben. Und enorm Energie gespart.
Klimaschutzmanager der Kirche
Handlungsfelder, die sich die Klimaschutz-AG der Kirche auf die Fahnen geschrieben hat: An erster Stelle steht hier die Energieeinsparung in den Gebäuden. Fotovoltaik soll ausgebaut und ein eigenes Klimaschutzkonzept entwickelt werden, zudem Bildungsarbeit und Bewusstseinsbildung. »Das Thema Energiesparen ist bei Kindern und Jugendlichen oft schon viel besser verankert als bei Erwachsenen«, betont Ulrike Hipp. Dem stimmt Katrin Motta aus eigener Erfahrung vehement zu – das in Kindergärten und Schulen gelernte Verhalten versetze Eltern immer mal wieder in Erstaunen. Wenn etwa die Kinder die Erwachsenen darauf hinweisen, dass sie den Kühlschrank nicht so lange offenstehen lassen sollen. Oder den Wasserhahn beim Händewaschen nur kurz aufdrehen.
Die rund zehn Mitglieder der Klimaschutz-AG der evangelischen Kirche haben schon erreicht, dass von der Gesamtkirchengemeinde ein Klimaschutzmanager mit einer 50-Prozent-Stelle beantragt wurde (die zu 75 Prozent vom Bund finanziert würde). »In Kooperation mit der katholischen Kirche wäre sogar eine 100-Prozent-Stelle möglich«, betont Eberle.
Ein ganz dickes Brett, das die Klimaschutz-AG künftig bohren will: Alle Beschlüsse der kirchlichen Gremien sollen auf Klimarelevanz geprüft werden. Daniel Fehrle und Uli Hasert (Geschäftsführer der Klimaschutzagentur) werden den entsprechenden Antrag an den Gesamtkirchengemeinderat erarbeiten. »Wir haben viel vor, ohne alternative Finanzierungen wird es nicht gehen«, betont Cornelia Eberle. (GEA)