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Sigmar Gabriel plädiert an der ESB Business School für mehr Eigenverantwortung

Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Außenminister und SPD-Vorsitzender. Foto: Christian Charisius/dpa
Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Außenminister und SPD-Vorsitzender. Foto: Christian Charisius/dpa
Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Außenminister und SPD-Vorsitzender. Foto: Christian Charisius/dpa

REUTLINGEN. Quo vadis Europa? – Mehr als 300 Studierende, Professoren und Mitarbeitende der Fakultät ESB Business School an der Hochschule Reutlingen folgten dieser Tage den Worten des ehemaligen Außen- und Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel. Der frühere Vizekanzler ist heute Vorsitzender des Vereins Atlantik-Brücke, der sich für die Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA einsetzt. Gabriel sprach vor allem über die Rolle Europas in einer Welt der Übergänge und des Wandels. Dabei wünschte er sich mehr europäische Eigeninitiative.

Zu Beginn seines Vortrags, der von ESB-Professor Stephan Seiter sowie den vier Studierenden Julie Biem, Nils Zarn, Leonard Wolter und Simon Nagel der ESB moderiert wurde, machte Sigmar Gabriel deutlich, dass die Zeichen auf Umbruch stehen: »Ich glaube, dass wir in einer Zeit leben, in der wir eine tektonische Plattenverschiebung in der Weltordnung erleben.« Er sah darin kein einmaliges Phänomen. Am Beispiel der ehemaligen Welthandelsstadt Venedig zeigte er auf was passiert, wenn man nicht rechtzeitig auf solche Veränderungen reagiert.

Pole verschieben sich

Die USA, so Gabriel, hätten schon lange begriffen, dass sich die Pole verschieben. Um einer imperialen Überdehnung vorzubeugen, richteten sie ihren Blick heute eher in den Indopazifik und nach China. Gabriel ist sich sicher: »600 Jahre Europa-Zentriertheit des Weltgeschehens sind endgültig zu Ende.«

Die Rolle des Weltpolizisten wollen und könnten die USA nicht mehr ausfüllen. Europa und die Europäer sieht Gabriel durch ihre langjährige Fokussierung auf die USA in einer zwiespältigen Lage. Die europäischen Staaten müssten daher deutlich mehr Eigeninitiative zeigen, Verantwortung für die unmittelbare Nachbarschaft übernehmen und ihre Werte und Interessen zusammendenken. Von einem selbstbewussten Europa verspricht sich Gabriel einen weitsichtigeren Kurs. In der Fragerunde griff Gabriel diesen Aspekt erneut auf. Angesprochen auf die Möglichkeiten der sogenannten »neuen Seidenstraße« wünschte er sich ein Projekt ähnlicher Dimension auch von der Europäischen Union. Der Effizienz Chinas könne man so die Transparenz Europas entgegensetzen.

Professor Christoph Binder, Dekan der ESB Business School, sieht in Praxisvorträgen wie dem von Sigmar Gabriel einen entscheidenden Baustein des Studiums an der ESB: »Die Worte von Herrn Gabriel eröffneten vielen Teilnehmenden völlig neue Sichtweisen. Insbesondere da wir unsere Studierenden international prägen möchten, ist es wichtig, sie für anstehende globale Veränderungen und Herausforderungen zu sensibilisieren.«

Sigmar Gabriel ist seit 2019 Vorsitzender des Atlantik-Brücke. Vorrangiges Ziel des gemeinnützigen Vereins ist die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen Europa und Deutschland einerseits und den USA andererseits. Die Atlantik-Brücke setzt sich ein für multilaterale Lösungen, offene Gesellschaften und einen freien Handel zwischen den Nationen. Ursprünglich war bereits im Frühjahr ein Besuch von Sigmar Gabriel beim Wirtschaftsforum der ESB Business School geplant. Pandemiebedingt konnte die Veranstaltung leider nicht stattfinden. (eg)