REUTLINGEN. Wer denkt, ich kann doch Rad fahren, was brauche ich ein E-Bike-Sicherheitstraining, der wurde in dieser Woche von der Kreisverkehrswacht Reutlingen-Münsingen (in Kooperation mit dem GEA) eines Besseren belehrt: »Fahren Sie möglichst langsam auf Hindernisse zu, richten den Blick aber nach vorne«, sagte Radtrainer Thomas Steigenberger in den vergangenen Tagen immer und immer wieder zu den Teilnehmern.
Insgesamt achtmal war dieses Sicherheitstraining vergangene Woche auf dem Verkehrsübungsplatz an der Reutlinger Kreuzeiche angeboten worden. »Zweimal musste es ausfallen«, so Steigenberger. Die Resonanz sei dieses Mal geringer gewesen als im vergangenen Jahr, »viele angemeldete Teilnehmer sind einfach weggeblieben – das war sicherlich dem Wetter geschuldet«, so der Trainer.
Zu kalt, zu viele heftige Regenschauer, zu viel April, zu viel Unsicherheit beim Blick in den Himmel. Um Unsicherheit ging es allerdings auch bei dem rund dreistündigen Training. »Ich bin hier, weil ich mir im November ein E-Bike gekauft habe, ich will mehr über das Brems- und Kurvenverhalten wissen«, sagte Gerlinde Reuter aus der sechsköpfigen Teilnehmerschar am vergangenen Freitag.
Vor der Praxis stand jedoch die Theorie: Thomas Steigenberger erläuterte die Bestandteile der Räder und dass der Reifendruck vor jeder Fahrt zu kontrollieren sei, Schnellspanner und Kettenschaltung. Seine dringende Empfehlung: Beim Anfahren bloß nicht im Turbomodus im hohen Gang losfahren. »Da ist einem Teilnehmer hier beim Training tatsächlich die Kette gerissen«, so Steigenberger. Also besser einen kleineren Gang wählen.
Staub und Dreck auf der Kette seien ungut, da sie für Reibung sorgen. Nach 2.000 oder 3.000 Kilometern sollte die Kette geprüft oder gar gewechselt werden. Wird das nicht gemacht, »nutzen sich die Zahnräder ab«. Ein Wechsel von Kette und Zahnrädern könne dann richtig teuer werden. Solche und ähnliche Tipps gab es von Steigenberger und seinem Kollegen Christoph Spyrka bei den Kursen. Für Steigenberger ist das E-Bike-Sicherheitstraining vergleichbar mit dem für Motorradfahrer: »Das ist ja auch ein Zweirad.«
Blickführung ist das A und O
Ganz wichtig beim Zweiradfahren: »Die Blickführung ist das A und O, wo man hinguckt, da fährt man auch hin«, erklärte Steigenberger. Enge Kurven seien Gefahrenpunkte und auch schmale Radwege mit Gegenverkehr: »Nicht auf den entgegenkommenden Radler schauen, sondern einen Punkt an ihm vorbei fixieren.« Und bloß nicht auf den Boden blicken. Das sei auch beim Kurvenfahren wichtig, etwa beim Wenden auf einer Straße. »Starren Sie nicht auf den Bordstein, Ihr Fahrrad fährt allein daran vorbei.«
Wer ein Hindernis am Boden fixiere, der verkrampfe. Viele Motorradfahrer würden deshalb in der Leitplanke landen. »Wer schlecht guckt, der fährt auch schlecht«, zitierte Steigenberger die Weisheit eines Motorradfahrers. Weiteres kritisches Thema: Slalomfahren. Gar nicht so einfach, weil Langsamfahren generell schwerer sei als das schnelle Geradeausfahren. Das haben alle Teilnehmer am Freitag gemerkt. Grundregel Nummer 1 dabei: »Finger weg von der linken Bremse.« Wenn nämlich plötzlich ein Hindernis vor einem auftaucht, dann würden viele Radler vor Schreck beide Bremsen voll durchziehen. Ein kapitaler Fehler, der schnell mit einem Sturz belohnt werde.
Richtig bremsen
Roland Hille aus Kappishäusern hat am Freitag an dem Training teilgenommen, »weil ich nach einem Schlaganfall vor allem Probleme beim Absteigen und Bremsen habe«. Er habe lange auf sein Spezial-E-Bike mit Rücktrittbremse gewartet, »weil ich meine rechte Hand nur eingeschränkt gebrauchen kann«.
Ruth Knoll aus Lichtenstein freute sich über »das tolle GEA-Angebot« des Sicherheitstrainings: »Ich fahre schon lange E-Bike, bin aber gestürzt und fühle mich öfter unsicher.« Durch das Training hat sie wie auch ihr Mann Kurt nicht nur einige neue Erkenntnisse gewonnen, sondern auch mehr Sicherheit. (GEA).