REUTLINGEN. »Grünes Licht für Aufnahme – grenzenloser Schutz für Geflüchtete aus allen Ländern«: So das Motto des landesweiten Aktionstages, zu dem die Seebrücke Reutlingen und das Asylpfarramt am Samstag eine Kundgebung organisiert hat. Rund 70 Interessierte kamen trotz Schneetreiben auf den Marktplatz und lauschten den Appellen mehrerer Rednerinnen, auch diejenigen nicht zu vergessen, die an den Außengrenzen Europas in Lagern leben.
Seit vielen Jahren sterben tagtäglich Menschen an den EU-Außengrenzen, weil ihnen der Zutritt in die EU verweigert wird. Sie erfrieren in Wäldern, ertrinken auf gefährlichen Überfahrten im Mittelmeer oder harren unter unmenschlichen Bedingungen in sogenannten »EU-Hotspots« aus. Allein im vergangenen Jahr verloren auf dem Mittelmeer um die 1.600 Menschen ihr Leben und mehr als 30.000 wurden nach Libyen zurückgeschleppt.
Es seien auch die Flüchtlinge aus den Lagern in Libyen, in Griechenland, Bosnien, Afghanistan und an der Grenze zwischen Polen und Belarus, denen »genauso unsere Solidarität gehört wie den Menschen aus der Ukraine«, betonte Asylpfarrerin Ines Fischer bei ihrer Begrüßung am Samstag.
Unhaltbare Zustände an den Außengrenzen
Es sei ein gutes und wichtiges Zeichen, dass die Aufnahmebereitschaft für Menschen, die vor dem furchtbaren Krieg in der Ukraine flüchten müssen, so groß ist, aber darüber dürften die Geflüchteten an den EU-Außengrenzen nicht vergessen werden. Ines Fischer berief sich dabei auf die Erklärung der Menschenrechte von 1948 und das universelle Recht auf Asyl. Weitere Redebeiträge von Mitgliedern der Seebrücke Reutlingen schlossen sich der Begrüßung Fischers an. So berichtete Hanna Jehle über immer mehr Geflüchtete in Bosnien und Herzegowina, da die Balkanroute über Serbien und Ungarn geschlossen sei. Viele Menschen aus Afghanistan, Syrien und anderen Bürgerkriegsländern suchten verzweifelt nach neuen Fluchtrouten und versuchten, über Bosnien nach Kroatien in die EU zu kommen. Auch fänden dort nach dem Grenzübertritt zunehmend sogenannte »Pushbacks« statt, bei denen flüchtende Menschen gewaltsam zurückgeschoben werden. Diese Pushbacks würden teilweise sogar »von der EU finanziert«, so Hannah Jehle.
Ähnlich sei die Situation an anderen Außengrenzen der EU, wie Cornelie Pflüger von der Seebrücke Reutlingen erläuterte. Sowohl in den Flüchtlingslagern an der Grenze zwischen Belarus und Polen als auch in Griechenland, Libyen und Afghanistan werde immer wieder von Menschenrechtsverletzungen und unhaltbaren Zuständen berichtet. Deshalb forderten die Vertreter der Seebrücke von der Bundes- wie Landesregierung, bei von Krieg und Verfolgung bedrohten Menschen nicht weiter unterschiedliche Maßstäbe anzusetzen.
Begleitet wurde die Kundgebung von Informationstafeln, die über die Situation an den verschiedenen Außengrenzen der EU informierten. Außerdem spielte die sechsköpfige, international besetzte Bajram-Agushev-Band zwischen den Wortbeiträgen auf, und eine Spendenbox stand für die Unterstützung von Flüchtlingen bereit. (GEA)