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Schwere Vorwürfe: Reutlinger »Reichsbürger« angeklagt

Neun Monate nach seinen Schüssen auf Polizisten bei einer »Reichsbürger«-Razzia in Reutlingen ist der Beschuldigte angeklagt worden – unter anderem wegen versuchten Mordes und der Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens. Zudem gibt es neuer Erkenntnisse zur Tat und der Rolle des Angeklagten in einer Terror-Gruppierung.

Fahrzeuge der Polizei stehen am Einsatzort bei der »Reichsbürger«-Razzia in Reutlingen.
Fahrzeuge der Polizei stehen am Einsatzort bei der »Reichsbürger«-Razzia in Reutlingen. Foto: Julian Rettig/dpa
Fahrzeuge der Polizei stehen am Einsatzort bei der »Reichsbürger«-Razzia in Reutlingen.
Foto: Julian Rettig/dpa

KARLSRUHE/REUTLINGEN. Der Mann, der im Zuge von Durchsuchungen im »Reichsbürger«-Milieu im März in Reutlingen mehrmals auf Polizisten geschossen hat, ist nun von der Bundesstaatsanwaltschaft vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart angeklagt worden. Das gab die Generalbundesanwältin Ines Peterson am Dienstag bekannt. Die Liste der Vorwürfe an Markus L. ist lang: Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens, versuchter Mord, gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte sowie Verstöße gegen das Waffen- und Kriegswaffenkontrollgesetz.

Aus der Anklageschrift gegen insgesamt neun Männer geht hervor, dass der Reutlinger Mitglied einer terroristischen Gruppierung gewesen sein soll, die es sich zum Ziel gesetzt habe, die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland gewaltsam zu beseitigen und durch eine eigene, in Grundzügen bereits ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen. Die Gruppierung um den Unternehmer Heinrich XIII. Prinz Reuß soll geplant haben, mit Waffengewalt in das Reichstagsgebäude in Berlin einzudringen, um dort Abgeordnete des Deutschen Bundestags festzunehmen und so den Systemumsturz herbeizuführen. Die Vereinigung hat laut Bundesstaatsanwaltschaft über finanzielle Mittel in Höhe von etwa 500.000 Euro verfügt. Außerdem soll es ein großes Waffenarsenal gegeben haben, bestehend aus 380 Schusswaffen, fast 350 Hieb- und Stichwaffen sowie knapp 500 weiteren Waffen- und mindestens 148.000 Munitionsteilen.

Reutlinger für Vergrößerung des Waffenarsenals zuständig

Markus L. soll sich laut Generalbundesanwältin spätestens im Juli 2022 den Reichsbürgern angeschlossen haben. Er war in der sogenannten »Heimatschutzkompanie Nr. 221« für die Gebiete Tübingen und Freudenstadt zuständig – eine von 286 in ganz Deutschland geplanten militärischen Einheiten.

Als Sportschütze war er für das Waffenarsenal verantwortlich und sollte seine Fähigkeiten im Umgang damit zur Verfügung stellen. Das geht aus der Anklageschrift hervor. Er war Inhaber zahlreicher Waffenscheine sowie einer sprengstoffrechtlichen Erlaubnis. Sein Waffenarsenal soll neben legal erworbenen Waffen auch eine Vielzahl nicht registrierter Schusswaffen sowie sonstige verbotene Waffen beinhaltet haben.

Zwei Polizisten bei Razzia in Reutlingen verletzt

Während die meisten seiner Mitstreiter bereits am 7. Dezember 2022 festgenommen worden waren, wurde Markus L. erst am 22. März 2023 in Reutlingen verhaftet. Bei der durch den Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs angeordneten Durchsuchung seiner Wohnung gab der Angeklagte auf Polizisten eines Spezialeinsatzkommandos aus nächster Nähe zahlreiche gezielte Schüsse ab, so die Generalbundesanwältin. Zwei Beamte wurden dabei verletzt, wobei ein Beamter dauerhafte gesundheitliche Beeinträchtigungen davontragen wird, heißt es in ihrer Mitteilung. Bei der Tatwaffe handelte es sich um ein halbautomatisches Schnellfeuergewehr der AR15-Baureihe, das Markus L. aus einzelnen im Internet erworbenen Komponenten zu einer einsatzfähigen Waffe zusammengebaut hatte. (GEA)