Schmackhaftes für Bauch und Hirn in der Katharinenkirche

REUTLINGEN. »Der kleine Prinz« und auch das anschließende Mittagessen kamen bestens an: Zum zehnten Mal startete in der rappelvollen Katharinenkirche die Literaturgottesdienst-Reihe »Spuren des Wortes«. Dabei klang erstmals die Verbindung von Literatur und Predigt mit einem gemeinsamen Mittagessen im benachbarten S-Haus aus.

Ursula Heller, Pfarrerin der Katharinenkirche, kommt geradezu ins Schwärmen, wenn sie über die vergangenen Ausgaben der Literaturgottesdienst-Reihe berichtet. Auch viele Besucher schätzen diese spezielle Form der Gottesdienste, bei der vier Pfarrerinnen oder Pfarrer von ihnen ausgewählte Bücher in den Mittelpunkt ihrer Predigt stellen. Von einer »spannenden Kombination« ist da oft die Rede und es gebe »zahlreiche Nachfragen, diese Art von Gottesdienst häufiger anzubieten«, berichtet Ursula Heller. Deshalb spielt die Pfarrerin der Katharinenkirche sogar mit dem Gedanken, die erfolgreiche Reihe im Spätherbst zu wiederholen.

»Wir alle sollten viel mehr mit dem Herzen sehen«

Die Idee, mit der Verbindung von Literatur und Predigt viele Kirchgänger anzulocken, ging auch dieses Mal auf. Mehr als 350 Besucher kamen, um der Predigt von Pfarrerin Ursula Heller und dem anschließenden Vorlesepart, den Tonne-Dramaturgin Karen Schultze, Intendant Enrico Urbanek und Schauspieler David Liske übernahmen, zuzuhören. Für den musikalischen Rahmen in der Katharinenkirche sorgten Veit Erdmann an der Orgel und die Flötistin Birgit Lauw-Zenker.

Gelesen wurde aus »Der kleine Prinz« von Antoine de Saint-Exupéry. Dass die bekannte Erzählung des französischen Autors wohl für viele ein zusätzlicher Anreiz war, zeigte sich an den nicht ausreichenden Sitzplätzen im atmosphärischen Kirchenrund. Und dass die Premiere des anschließend im S-Haus angebotenen Mittagstisches ebenfalls so große Resonanz erfuhr, damit hatte Ursula Heller nicht gerechnet.

»Die Kapazitäten des S-Hauses sind ausgeschöpft«

Tatsächlich hatten sich hier die acht Mitarbeiter des S-Hauses schwer ins Zeug gelegt: Es gab eine schmackhafte Gulaschsuppe und eine vegetarische Kartoffel-Lauch-Cremesuppe sowie als Nachtisch Tiramisu, Crème Caramel und Kaffee. Knapp 70 Plätze standen zur Verfügung und die waren auch allesamt besetzt. Thema vor und nach dem Essen war natürlich die 1943 erstmals in New York erschienene Erzählung über den kleinen Prinzen, die mit ihrer Kritik am Werteverfall der Gesellschaft noch heute aktuell ist.

»Der kleine Prinz hat begriffen, dass das Wesentliche für die Augen unsichtbar ist«, so eine ältere Besucherin, »und dass wir alle viel mehr mit dem Herzen sehen sollten«. Auch der Künstler Wolfgang Rätz ist ein echter Fan des kleinen Abenteuerers und fand es »sehr passend«, diese Erzählung in den Mittelpunkt der Predigt zu stellen. Allein die »liebevoll gezeichneten Charaktere« in dem Buch und die »anspruchsvoll lesenden Schauspieler des Tonne-Theaters« waren für Anita Maier Grund genug, den Start der Literaturgottesdienst-Reihe nicht zu verpassen. Sie ist extra von Metzingen in die Katharinenkirche gekommen.

Trotz der großen Resonanz wird es laut Ideengeberin Ursula Heller den Mittagstisch im Anschluss an die Literaturgottesdienste in diesem Jahr nicht mehr geben: »Die Kapazitäten des S-Hauses sind sowohl räumlich als auch personell ausgeschöpft«, so die Pfarrerin.  (GEA)