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Aktuell Tradition

Schiedweckenabend des Geschichtvereins Reutlingen

Beim Schiedweckenabend des Geschichtsvereins stand Reutlingens Weg zur Großstadt im Mittelpunkt.

Ein Gericht mit langer Reutlinger Tradition: Schiedwecken, die es in der Stadthalle auch in einer vegetarischen Variante gab.
Ein Gericht mit langer Reutlinger Tradition: Schiedwecken, die es in der Stadthalle auch in einer vegetarischen Variante gab. Foto: Jürgen Meyer
Ein Gericht mit langer Reutlinger Tradition: Schiedwecken, die es in der Stadthalle auch in einer vegetarischen Variante gab.
Foto: Jürgen Meyer

REUTLINGEN. Coronabedingt musste der traditionelle Schiedweckenabend des Reutlinger Geschichtsvereins, der üblicherweise am Mittwoch nach dem zweiten Fastensonntag Reminiszere – in diesem Jahr der 16. März – verschoben werden.

Für den 1889 gegründeten Verein sei die Veranstaltung rund um die mit Kalbfleischstücken gefüllte Pastete neben dem Reutlinger Schwörtag die wichtigste Veranstaltung des Jahres, sagte am Freitagabend in der Stadthalle Professor Roland Wolf. Der Vereinsvorsitzende war einer von drei Rednern, die in einem bebilderten Vortrag das vom Geschichtsverein unterstützte Buchprojekt »Reutlingen auf dem Weg zur Großstadt« vorstellte.

Neben Roland Wolf standen auch Stadtarchivar Dr. Roland Deigendesch und Professor Dr. Paul Ackermann am Mikrofon. Paul Ackermann war es auch, der die Idee zu dem Buch hatte. Das 308 Seiten starke Werk zieht eine Bilanz der vor rund 50 Jahren erfolgten baden-württembergischen Gemeindegebietsreform am Reutlinger Beispiel. 14 Autorinnen und Autoren haben sich daran gemacht, die Geschichte der Eingemeindungen zu recherchieren (der GEA berichtete).

Positives Fazit

Während Roland Deigendesch die Geschichte Reutlingens vor der Reform beleuchtete, eine Zeit, in der sich in Bauerndörfern immer mehr Arbeitersiedlungen entwickelten, legte Paul Ackermann den Schwerpunkt seines Vortrages auf die eigentlichen Eingemeindungen – ein Prozess, der beispielsweise in Rommelsbach auf heftigen Widerstand stieß.

Vor rund 50 Jahren kamen neun der heutigen zwölf Stadtbezirke zu Reutlingen hinzu. Betzingen wurde 1907 der erste Reutlinger Stadtbezirk. Ihm folgten 1939 Sondelfingen und 1949 Ohmenhausen. Im Zuge der Verwaltungsreform zwischen 1971 und 1975 kamen neun weitere Bezirksgemeinden hinzu: 1971 Bronnweiler, Gönningen, Oferdingen und Reicheneck, 1972 Altenburg, Degerschlacht und Sickenhausen, 1974 Rommelsbach und 1975 Mittelstadt. Dadurch verdoppelte sich die Reutlinger Markungsfläche von 4.760 auf 8 705 Hektar.

Die Zahl der Einwohner stieg um über ein Fünftel von 81.000 auf 96.000. Für Reutlingen sei damals entscheidend gewesen, dass durch die Eingemeindungen mehr Baugebiete, »vor allem möglich Gewerbegebiete«, ausgewiesen werden konnten, sagte Paul Ackermann.

Vororte selbstbewusst

Auf der anderen Seite waren die Vororte selbstbewusst genug und bestrebt, ihre Rechte gegenüber der Stadt zu artikulieren. Die Bürgerschaft in den Gemeinden, die in verschiedenen Versammlungen über den jeweiligen Verhandlungsstand informiert wurde, habe im Eingemeindungsprozess »eine wichtige Rolle« gespielt. Unter dem Strich, so Paul Ackermann, falle die Bilanz der Eingemeindungen »relativ günstig aus«.

Überall seien die in den Eingemeindungsverträgen gegebenen Zusagen weitgehend eingehalten worden. Auch das Fazit von Roland Wolf über die Eingemeindungen fiel positiv aus. »Die Stadtbezirke gehören zu den Pluspunkten Reutlingens.«

Das Buch »Reutlingen auf dem Weg zur Großstadt – 50 Jahre Stadtbezirke«, ist im Buchhandel, in den Bezirksämtern sowie im Stadtarchiv erhältlich. Es kostet 14,50 Euro. (GEA)