REUTLINGEN. »Ich freue mich riesig über das Ergebnis, das man wohl eindeutig nennen kann«, sagte Dr. Ulrich Bausch am gestrigen Sonntag in der TSG-Sporthalle. 57 von 58 Stimmen hatte Bausch erhalten – das sind rund 98,3 Prozent. Die Sozialdemokraten im Wahlkreis Reutlingen zeigten sich somit froh, ein so prominentes Mitglied in den Wahlkampf für die Bundestagswahl am 26. September schicken zu können.
Der Geschäftsführer der Reutlinger Volkshochschule legte als einziger Kandidat gestern eine fulminante Bewerbungsrede hin und erläuterte, warum er überhaupt kandidiert: Er habe doch einen tollen Job, den er immer noch sehr gerne mache. Aber 2018, als Alexander Gauland von der AfD, im Bundestag behauptet hatte, dass die Nazis nicht mehr als ein »Vogelschiss in der deutschen Geschichte« gewesen sein sollen, »da hat sich bei mir der Schalter umgelegt«, so Bausch.
Der SPD-Kandidat betonte, er reagiere »allergisch, wenn der parlamentarische Arm der Rechtsextremen sich als der nette Biedermann von nebenan« präsentiere. 2018 sei für Bausch »eine rote Linie überschritten« worden, womit er erkannte: »Ich muss auch selbst bereit sein, auf das Spielfeld zu gehen.« Genau das tut der studierte Empirische Kultur- und Politik- sowie Rechtswissenschaftler nun. Sein Lebenslauf: 1959 geboren, einige Jahre Filmemacher für den SDR, Forschungsaufenthalte in den USA, Sozialarbeiter in Los Angeles, Geschäftsführer des Evangelischen Kreisbildungswerkes Ludwigsburg, seit 1. April 1998 Geschäftsführer der VHS Reutlingen, verheiratet, zwei Töchter.
Seine Schwerpunkte? Der Klimawandel müsse konsequent und sozial gerecht angegangen werden, dazu brauche es einen Strukturwandel, der natürlich finanziert werden muss. Wie? Durch zumindest einen Teil der rund 160 Milliarden Euro, die jährlich in Steuerparadiese auf der ganzen Welt verschoben würden. Bausch wendet sich gegen noch mehr Militärausgaben, denn: Schon jetzt stecke der Westen etwa 1,3 Billionen Euro jährlich in Rüstung. Noch mehr bedeute nur ein weiteres Abrutschen in einer Rüstungsspirale. Lobbyismus? »Lobbyismus an sich ist eine gute Sache, schließlich rufe auch ich ständig in den Ministerien an, aber wir brauchen Transparenz.«
Nach Ulrich Bauschs Bewerbungsrede brandete langanhaltender Applaus in der TSG-Sporthalle auf. Als Ronja Nothofer als SPD-Kreisvorsitzende das Ergebnis der Kandidatenkür für die Bundestagswahl bekanntgab, freute sich Bausch sichtlich. »Ich werde mich anstrengen und mir Mühe geben«, versprach er.
Allerdings hatte Nothofer schon zu Beginn der gestrigen Veranstaltung gemahnt: »Mit dem Ergebnis von elf Prozent bei der Landtagswahl können und werden wir uns nicht zufriedengeben.« Am 26. September habe die SPD »die Chance zu zeigen, dass wir das Land mitgestalten können«. Dazu hätten die Sozialdemokraten im Kreis »einen starken Kandidaten gefunden«. (nol)