REUTLINGEN. Nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums sterben in Deutschland jedes Jahr 25.000 Menschen an Darmkrebs. Regelmäßige Vorsorge kann viele Leben retten, denn werden die Polypen, also Wucherungen auf der Schleimhaut, rechtzeitig erkannt, können sie gut behandelt oder direkt endoskopisch entfernt werden. Dabei sind die meisten Polypen zunächst gutartig. »Nach einiger Zeit können sich die gutartigen Polypen jedoch zu Krebs entwickeln. Das kann durchaus mehrere Jahre dauern«, sagt Dr. Klaus Schneider, Leitender Oberarzt der Medizinischen Klinik I in den Kreiskliniken Reutlingen. Umso wichtiger ist deshalb die regelmäßige Darmkrebsvorsorge.
Wichtigste Vorsorgeuntersuchung, um das Darmkrebsrisiko zu minimieren, ist die Darmspiegelung oder Koloskopie. Hierbei kommt in der Endoskopie am Reutlinger Steinenberg seit Kurzem auch Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz.
Ein spezieller Rechner gleicht während der Untersuchung das Live-Bild der Kamera mit Millionen von weiteren Polypenbildern ab, die in einem Bilderpool gespeichert sind, und schlägt an, sobald es eine Übereinstimmung gibt. Besonders in der Erkennung von kleinen und flachen Polypen kann das neue System zusätzlich helfen. »Manche Polypen sind extrem klein und blitzen auf dem Kamerabild nur kurz auf. Die KI markiert diese direkt auf dem Bildschirm, sodass nichts übersehen wird«, beschreibt der Leiter der Reutlinger Endoskopie die Vorteile der neuen Technik.
Durch den Abgleich in Echtzeit erhält der Mediziner eine weitere Hilfestellung zur Unterscheidung, ob akuter Handlungsbedarf besteht, oder ob es sich um Gewebsvermehrungen handelt, die nicht abgetragen werden müssen. »Die Entscheidung über die weiteren Maßnahmen obliegt aber immer dem Arzt, auch wenn die neue KI eine große Hilfestellung bietet«, so Schneider weiter. Klinische Studien konnten kürzlich bereits zeigen, dass durch die Hilfe einer Künstlichen Intelligenz während einer Endoskopie Krebsvorstufen signifikant besser entdeckt werden können.
Mit dem Einsatz von KI sind die Kreiskliniken Reutlingen einer der Vorreiter im Bereich der Endoskopie in Deutschland. Dass dies gelingen konnte, ist auch dem Engagement der Erika-Seeger-Stiftung zu verdanken, die das Projekt mit insgesamt 32.000 Euro gefördert hat.
»Für die Unterstützung sind wir sehr dankbar, denn das neue System kommt vielen Patienten zugute und könnte künftig auch in der Früherkennung weiterer Krebsarten, wie etwa dem Speiseröhrenkrebs und Magenkrebs, eingesetzt werden«, dankt Chefarzt Professor Dr. Stefan Kubicka abschließend für die Förderung. (eg)