REUTLINGEN. Die Situation kennt fast jede Autofahrerin oder jeder Autofahrer: An der Straße stehen Kinder, die den Anschein machen, die Straße überqueren zu wollen. Man reduziert das Tempo, hält vielleicht sogar an, aber so ganz sicher sind sich die Kinder nicht, ob sie nun gefahrlos die Straße passieren können, und man selbst fängt an zu zweifeln, ob die Kinder denn nun wirklich überqueren wollen oder nicht. Ähnliche Situationen ergeben sich auch, wenn beispielsweise die Vorfahrt unklar ist und die Fahrenden versuchen, sich mit Lichthupe und Handzeichen zu verständigen.
Diese und ähnliche Kommunikationsprobleme im Autoverkehr wollen nun Forscherinnen und Forscher des EU-Projekts HEIDI (Holistic and Adaptive Interface Design for Human-Technology Interactions) in Zusammenarbeit mit internationalen Unternehmen wie BMW, HONDA oder dem schwedischen Verkehrsforschungsinstitut VTI lösen. Gefördert wird das Projekt mit 4 Millionen Euro von der Europäischen Union durch das Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe. Neben der Fakultät Informatik der Hochschule Reutlingen sind insgesamt acht weitere internationale Partner an dem Forschungsprojekt beteiligt.
Forscherinnen und Forscher aus vier Nationen suchen nach Lösungen, wie die Kommunikation mit und durch das Auto über sogenannte Mensch-Maschine-Schnittstellen (HMI) verbessert werden kann.
Dadurch soll beispielsweise ein besseres Verständnis über die Absichten von Fußgängern und Fahrzeugen in der Umgebung erreicht werden. Dabei wird auch Künstliche Intelligenz eine wichtige Rolle spielen. Professor Dr. Cristóbal Curio von der Fakultät Informatik: »Bereits das heutige Auto bietet grundsätzlich viele Möglichkeiten, die Kommunikation zum Beispiel mit Fußgängern zu verbessern. Das Potenzial der optischen Vermittlung von Informationen ist noch nicht voll ausgenutzt. So ist das Forscherteam auch daran beteiligt, mit dem internationalen Konzern Marelli Automotive Lightning am deutschen Standort des Konzerns in Reutlingen Lichtkonzepte im Rahmen von HEIDI zu entwickeln, die Informationen an Verkehrsteilnehmende vermitteln«.
Diese zusätzliche Information zwischen dem Auto, dem Fahrendem oder anderen Verkehrsteilnehmenden könnten, so Curio, zukünftig die Sicherheit und den Verkehrsfluss deutlich erhöhen. »Das ist keine Zukunftsmusik. Wir forschen an Lösungen, die zeitnah in Autos umgesetzt werden können,« so Curio. Im Forschungsprojekt HEIDI wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aber auch erforschen, wie die Informationen im Auto besser dargestellt werden können, damit sie schneller und einfacher von der fahrenden Person wahrgenommen werden. Angedacht ist eine individuell an den Fahrer angepasste Darstellung. Auch bei der Gefahrenabschätzung seien individuelle Lösungen gefragt.
Erkennungs- und Vorhersagealgorithmen berechnen dabei die Fähigkeiten und Absichten des Menschen am Steuer und geben Handlungsempfehlungen oder korrigieren das Fahrverhalten entsprechend. Menschen, die nicht so gut mit den neuen Techniken klarkommen, sollen von einem adaptiven Nachhilfesystem Unterstützung erhalten.
Um diese und andere Ideen umzusetzen, werden die im Projekt entwickelten Prototypen in realen Fahrzeugen und simulierten Umgebungen getestet. (eg)