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Rat der Religionen in Reutlingen: Vielfalt und Respekt

Vor zwei Jahren wurde der Rat der Religionen Reutlingen im Spitalhofsaal gegründet. Jetzt gibt es eine erste Zwischenbilanz und einen Ausblick.

Der neu gewählte Sprecherrrat (von links): Frieder Leube (evangelische Kirche), Binnas Altan (Yunus-Emre-Moschee), Bernhard Boso
Der neu gewählte Sprecherrrat (von links): Frieder Leube (evangelische Kirche), Binnas Altan (Yunus-Emre-Moschee), Bernhard Bosold (katholische Kirche), Jevgenia Lang (jüdische Gemeinde). FOTO: PR
Der neu gewählte Sprecherrrat (von links): Frieder Leube (evangelische Kirche), Binnas Altan (Yunus-Emre-Moschee), Bernhard Bosold (katholische Kirche), Jevgenia Lang (jüdische Gemeinde). FOTO: PR

REUTLINGEN. Im Februar 2020, kurz vor dem ersten Corona-Lockdown, wurde der Rat der Religionen Reutlingen im Spitalhofsaal gegründet. Zehn verschiedene Religionsgemeinschaften, die in Reutlingen heimisch sind, unterzeichneten feierlich die Satzung, fünf christliche Konfessionen, drei Moscheegemeinden, die jüdische Gemeinde und die Baha’i-Gemeinde.

Allen unterzeichnenden Religionsgemeinschaften ist es ein Anliegen, positiv auf die Schönheit und Menschlichkeit der Religion hinzuweisen. Darum wird in der Satzung jede Gewalt im Namen der Religion abgelehnt. Alle bekennen sich ausdrücklich zur Religionsfreiheit im Sinne des Grundgesetzes. Das schließt die Anerkennung der religiösen Vielfalt sowie das Verbot jeglicher Diskriminierung ein.

Bei der Ratsversammlung blickte Sprecher Frieder Leube auf zwei Jahre zurück, die trotz Corona erfolgreich waren. Es gab fünf Ratssitzungen, bei denen auch schwierige Themen angesprochen wurden: Kann es in Reutlingen einen öffentlichen Gebetsruf eines Muezzins geben? Kann das rituelle Schlachten beziehungsweise Schächten von Lämmern und Schafen zum islamischen Opferfest genehmigt werden?

Tierschutz und Religionsfreiheit

Die Diskussionen zu beiden Themen waren sehr differenziert. So machten die Ausführungen von Dr. Thomas Buckenmaier, Leiter des Reutlinger Veterinäramtes, deutlich, dass bei der Frage des rituellen Schlachtens ohne Betäubung zwei Werte des Grundgesetzes miteinander kollidieren: der Tierschutz und die Religionsfreiheit. Daher sei eine generelle Genehmigung des rituellen Schlachtens nicht möglich. Es könne nur Ausnahmegenehmigungen geben. Die bedürften jedoch einer glaubwürdigen und nachvollziehbaren Begründung der religiösen Notwendigkeit. Die Teilnehmer waren sich einig, dass sie bei dieser Diskussion, bei der die religiöse Seite von zwei Imamen und einem Rabbiner vertreten wurde, sehr viel gelernt hätten.

Auch die Frage des öffentlichen Gebetsrufes durch den Muezzin ist ein viel diskutiertes Thema. Mitglieder des Rates der Religionen diskutierten zum Beispiel, ob sich der öffentliche Gebetsruf in arabischer Sprache mit dem Läuten von Kirchenglocken vergleichen lässt. Im Gespräch machte Ali Ipek vom DITIB-Landesverband Württemberg deutlich, dass die öffentliche Aufforderung zum Gebet zwar eindeutig vom Recht auf freie Ausübung der Religion gedeckt, jedoch nur möglich sei, wenn dadurch der öffentliche Frieden nicht gefährdet werde. Die Bevölkerung sei noch nicht so weit, so der Geschäftsführer des Landesverbandes.

Zusammenarbeit mit Stadt

Gleichwohl erteilte die Stadt Reutlingen während des Ramadans im Jahr 2021 eine Ausnahmegenehmigung. Wegen der besonderen Coronasituation wurde ein öffentlichen Gebetsruf jeweils zu Beginn und zum Ende des Ramadans bei der Yunus-Emre-Moschee genehmigt.

Auf die Zusammenarbeit mit der Stadt Reutlingen legt der Rat der Religionen großen Wert. Die Stadt Reutlingen ist von der Satzung her prominent, wenn auch nur beratend, im Rat der Religionen vertreten. So nehmen Bürgermeister Robert Hahn und Vera Stokic, Beauftragte der Stadt Reutlingen für Gleichstellung und Integration, regelmäßig an den Sitzungen teil. Diese Zusammenarbeit soll in der kommenden Zeit intensiviert werden. So wurde beschlossen, den Austausch und die Zusammenarbeit mit dem Integrationsrat künftig zu intensivieren.

Bei der Sitzung des Rates der Religionen wurde erstmals der vierköpfige Sprecherrat neu gewählt. Frieder Leube wurde als Sprecher bestätigt, neue Stellvertreterin ist Jevgenia Lang. Sie folgt der bisherigen Stellvertreterin Maria Tusak, die aus persönlichen Gründen nicht wieder kandidierte. Als Kassenführerin wurde Binnas Altan bestätigt. Für Mustafa Sary, der nicht erneut als Schriftführer kandidierte, wurde Bernhard Bosold gewählt.

Neben den Friedensgebeten am Baum der Religionen bei der Stadthalle plant der Rat in den kommenden Monaten zwei weitere Veranstaltungen. Am Montag, 26. September, wird um 19.30 Uhr zu einem Themenabend »Beten wir alle zu demselben Gott?« im evangelischen Gemeindehaus in Betzingen eingeladen. Für das Jahr 2023 wird im Mai ein »Abend der Religionen« im Spitalhofsaal vorbereitet. (eg)