REUTLINGEN. An Ideen, den Durchgangsverkehr aus diesem Teil Orschel-Hagens herauszuhalten, mangelt es den Anwohnern in der Wormser- und Aachener Straße nicht – Ideen, die gestern beim Vororttermin engagiert diskutiert wurden. Einig waren sich die 30 Besucher, die der Einladung der Interessengemeinschaft Einkaufen und Leben in Orschel-Hagen (Igeloh) gefolgt waren, dass es brandgefährlich ist, wenn das Einfahrtsverbotsschild an der Wormser Straße ignoriert wird. Autos, die vom Einkaufszentrum Richtung Rommelsbach oder in die Frankfurter Straße müssen, fahren oft genug nicht über die Nürnberger zur Rommelsbacher Straße und dann nach rechts. Sie nehmen stattdessen die Abkürzung über die Esslinger Straße und fahren verbotswidrig links in die Wormser Straße. Bevor aber Lösungsansätze diskutiert wurden, ging’s an die verkehrstechnische Bestandsaufnahme.
Schlimmer geworden
Als Klaus-Dieter Hensel Ende der 60er-Jahre von der Karlstraße ins beschauliche Orschel-Hagen zog, habe er eine böse Überraschung erlebt: »Auf einmal brauchte ich Tabletten, um einschlafen zu können.« Von Anfang an habe er als Anwohner der Aachener Straße – das Schlafzimmerfenster geht auf die Wormser Straße – unter zu viel und zu lautem Verkehr gelitten. »Es fahren viele durch, die nicht befugt sind«, hat er beobachtet. Noch schlimmer sei es geworden, seitdem die Nürnberger Straße zurückgebaut worden ist. Kritik übt er an der Stadtverwaltung: die nehme die Sorgen und Anregungen der Anwohner nicht ernst genug.
Claudia Bettendorf stört vor allem der Durchgangsverkehr. Sie wohnt in der Aachener Straße und hat beobachtet, dass immer wieder Lastwagen durch dieses Wohngebiet fahren, ein Wohngebiet, in dem nur Anlieger etwas zu suchen haben. Ein entsprechendes Verkehrsschild an der Frankfurter Straße weist darauf hin – indes, es kümmert niemanden. »Wie auf einer Autobahn« kommt sich Elsbeth von Lewinski manchmal vor, wenn sie den Verkehr auf der Wormser Straße von ihrer Terrasse aus beobachtet. Auch sie stört vor allem, dass dort Lastwagen durchfahren und Autos mit Stuttgarter oder Esslinger Kennzeichen.
Verwirrende Regeln
Dieter Kahlert glaubt nicht, dass dicke Lastwagen das drängendste Problem sind. »Das sind verschwindend wenige.« Im Übrigen hätten die Orschel-Hagener früher von der Esslinger Straße in die Wormser Straße einfahren dürfen.
Petra Günther ist sich sicher, dass Autofahrer von ihren Navigationsgeräten in die Wormser Straße gelotst werden, wenn sie beispielsweise von Rommelsbach ins Industriegebiet Laisen wollen. Dass darunter auch Lastwagen oder Transporter sind, hat auch Heidemarie Kühnle beobachtet. »Hier fahren oft Leute, die hier nicht fahren dürften«, bestätigt Edith Willmann.
Renate Stengel möchte mit ihrem Auto zum Einkaufszentrum fahren können, ohne den langen Umweg über die Rommelsbacher Straße nehmen zu müssen.
Dass die Wormser Straße in beiden Richtungen befahren werden darf – auch wenn die Einfahrt bei der Esslinger Straße verboten ist – scheint nicht jedem Autofahrer klar zu sein. »Dann wird man als Anwohner beschimpft«, sagt
Rainer Brück. Auch Martina Schwäger ist das schon passiert. Sie hat zwei Garagen in der Wormser Straße. Obwohl sie also Anwohnerin ist, findet sie die Verkehrsregelungen dort verwirrend. Von der Aachener Straße kommend ist die Durchfahrt verboten. Anwohner der Wormser Straße dürfen aber in beide Richtungen ausfahren. »Es kommt vor, dass ich vom Gegenverkehr beschimpft werde, weil der glaubt, auf einer Einbahnstraße unterwegs zu sein.« Weil Autos und Radfahrer schnell durchrauschen, »muss ich höllisch aufpassen, wenn ich aus meiner Garage fahre«. Sie hat einen Vorschlag, wie die Verkehrsproblematik in den Griff zu kriegen ist. Die Ausweisung der Wormser Straße zur Spielstraße könnte ihrer Ansicht nach eine Möglichkeit sein, die Lage zu entspannen.
Petra Günther schlägt vor, die Wormser Straße für den Verkehr so zu gestalten, »dass die Straße unattraktiv« wird. Das Igeloh-Mitglied könnte sich Bodenwellen vorstellen, wie sie in den Niederlanden gang und gäbe sind. Auch versenkbare Poller seien denkbar. Dass das teuer werden könnte, weil auch die Anwohner in der Frankfurter Straße einen entsprechenden Sender bräuchten, wie Dieter Kahlert anmerkt, räumt Petra Günther ein.
Für Volker Lindauer ist klar, dass nur eines hilft: »Du kriegst die Leute nur über den Geldbeutel.« Der Ordnungsdienst solle zweimal in der Woche kontrollieren und Bußgelder verhängen.
Claudia Bettendorf wünscht sich einen 360-Grad-Blitzer, der versteckt an der Einfahrt von der Esslinger- in die Wormser Straße stehen könnte.
Helmuth Pill könnte sich dort auch einen größeren Pflanzkübel vorstellen. Dass die Wormser Straße dann zur Sackgasse würde, ist ihm klar. »Wenn’s nicht funktioniert, kann man den Kübel ja wieder wegnehmen.«
Autofahrer geben Gas
Ingo Flad, der in der Wormser Straße wohnt, geht es darum, die Geschwindigkeit zu drosseln. Vor allem in der Kurve zur Esslinger Straße geben die Autofahrer offenbar kräftig Gas. Er wisse von drei Katzen von Nachbarn, die dort überfahren worden sind. »Dicht machen ist aber keine gute Lösung«, findet er. »Dann kommt ja nicht mal mehr das Müllfahrzeug durch.« Auch für Anwohner der umliegenden Straßen wäre das ein Problem. Besser fände er Maßnahmen, um »die Sicherheit zu erhöhen«.
»Schwer zu lösen« sei das Problem, meint Hannes Höltzel, Sprecher der Igeloh. Die Interessengemeinschaft selbst habe »keine Lösungsvisionen«, wolle aber die Anwohner zu Wort kommen lassen und eine öffentliche Diskussion anstoßen. Eigentlich gebe es ja klare Regelungen, doch die Schilder brächten offensichtlich wenig. Eine Sperrung wollten die Anwohner nicht, weil sie sonst keine Zufahrt mehr hätten. Was auch er sich vorstellen kann, ist eine selektive Durchfahrt, zum Beispiel durch versenkbare Poller nur für Anlieger, »aber die müssten eben auch bezahlt werden«. (GEA)