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Nächster Versuch gegen Fahrverbote in Reutlingen

»Probieren wir’s«, machte FWV-Stadtrat Georg Leitenberger seinen Ratskollegen Mut. Heilsbringer soll ein Filtersystem sein, das NO2-geschwängerte Luft aus der Lederstraße absaugt und gereinigt wieder an die Oberfläche entlässt.

Die 4,50 Meter hohe Säule, von denen es an der Lederstraße vier geben soll, kann 25 000 bis 30 000 Kubikmeter Luft pro Stunde fi
Die 4,50 Meter hohe Säule, von denen es an der Lederstraße vier geben soll, kann 25 000 bis 30 000 Kubikmeter Luft pro Stunde filtern, die aus einem unter der Straße liegenden Kanal abgesaugt werden. Die Säulen sind mit Aktivkohlefiltern bestückt und geben gereinigte Luft nach oben ab. Foto: Air2Public
Die 4,50 Meter hohe Säule, von denen es an der Lederstraße vier geben soll, kann 25 000 bis 30 000 Kubikmeter Luft pro Stunde filtern, die aus einem unter der Straße liegenden Kanal abgesaugt werden. Die Säulen sind mit Aktivkohlefiltern bestückt und geben gereinigte Luft nach oben ab.
Foto: Air2Public

REUTLINGEN. Reutlingen ist neben Kiel die erste Stadt, die das System in Erwägung zieht. Bisher liegen nur Testergebnisse der Technischen Universität Stuttgart vor, laut Planungsbüro »air2public« mit durchschlagenden Ergebnissen: Die gefilterte Luft konnte um 80 bis 90 Prozent von NO2 und zu 99 Prozent vom Feinstaub gereinigt werden.Präsentiert wurde das Patent am Dienstag den Mitglieders des städtischen Bau- und Verkehrsausschusses. Christoph Kronhagel, Geschäftsführer und Gründer von »air2public« mit Sitz in Ortenberg, nannte sein Patent »smart-AIR Technologie«. 

Die Emissionen, die sich in einer flachen Wolke direkt über der Fahrbahn bilden, werden über einen Kanal in der Straße abgesaugt und einer Filteranlage zugeführt. Dazu werden Betonfertigteile mit Absaugkanälen auf einem 100 Meter langen Teilstück in die Fahrbahn eingelegt. Der Feinstaub wird durch Filterkassetten aufgenommen. In diese Filterkassetten wird pulverförmige Aktivkohle von Jacobi Carbons GmbH, einem der größten Aktivkohle-Produzenten weltweit, eingedüst. Diese Aktivkohle verbindet sich mit dem NO2. Feinstaub und Aktivkohle werden regelmäßig abgereinigt und entsorgt. Über dem Filter wird zusätzlich ein spezielles Vlies eingesetzt, das das restliche NO2 katalytisch in ein unschädliches NO3 umwandelt. Dieses Vlies von Osaka Gas Chemicals Ltd (Mutterkonzern von Jacobi Carbons GmbH) dient gleichzeitig als Schalldämpfer.

Dr. Thomas Flassak vom Karlsruher Büro Lohmeyer, das den Luftreinhalteplan in Reutlingen begleitet, stellte eine Computersimulation vor, die eine NO2-Reduktion von zwölf Prozent an der Messstelle in der Lederstraße aufzeigt. Damit könne Reutlingen im Jahr 2020 den Grenzwert tatsächlich einhalten und Fahrverbote verhindern. Die Minderung des NO2-Jahresmittelwerts um zwölf Prozent könne sogar noch gesteigert werden, wenn mehr Luft gefiltert werde, was technisch möglich sei. In der Simulation geht das Büro Lohmeyer davon aus, dass 100 000 Kubikmeter pro Stunde gefiltert werden, allerdings nur dann, wenn viel Verkehr herrscht. Laut Flassak lässt sich der Jahresmittelwert auf 39 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter drücken. Der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm.

Baubürgermeisterin Ulrike Hotz ordnete die neue Möglichkeit als »total spannendes Projekt« ein und riet den Fraktionen, einen ernsthaften Blick drauf zu werfen, bevor sie im Gemeinderat entscheiden, ob sie zugreifen oder nicht. Die Kosten werden auf 700000 Euro geschätzt . Geld von Land und Bund sei unerlässlich. Der Bund lege derzeit ein Förderprogramm für Filtertechnik zur Luftreinhaltung auf. (GEA)