REUTLINGEN. Der Volkspark ist seit Freitagnachmittag noch bis Sonntagabend ein einziges Zeltlager geworden. »Dies ist der größte mittelalterliche Markt mit den meisten Teilnehmern im Rahmen des Schwörtagwochenendes, den wir hier je organisiert haben«, sagt Anja Katz vom Veranstalter »Fabula Corvinus«. 50 Händler, 11 Gastronomen und 32 Lagergruppen machen aus dem Park eine Zeitreise zum Eintrittspreis von nur 10 Euro für Erwachsene, wobei »Gewandete« zwei Euro Rabatt bekommen. Kinder bis 16 Jahren dürfen umsonst aufs Gelände. Die Verlockungen sind vielfältig.
Allerlei Zaubertränke bietet ein gewisser Günther von Meldorf in seinem weißen Zelt an. Der Herr mit Bart und langer weißer Kutte preist Flaschen mit der Aufschrift »Drachenpisse« oder »Zwergenrotz« an - wobei der flüssige Inhalt gänzlich anständig sei und unbedenklich konsumiert werden könne. An anderer Stelle gibt es Anhänger, Helme, Taschen und ganz vieles mehr für Menschen der Gegenwart, die sich gerne mit originellen schönen Sachen umgeben. Es kann auch sehr entspannend sein, im Hier und Jetzt zu leben, wenn man den ganzen Kampfgruppen bei ihren Vorführungen zuschaut.
Die »Legion of the Stag Germany« ist beispielsweise so ein äußerst schlagkräftiger Verein aus Reutlingen. Mehrmals täglich zeigen die sieben Männer und sieben Frauen Freikämpfe mit langen Schwertern in Rüstungen, auf denen man in der Sonne mühelos auch ein Spiegelei braten könnte. Dementsprechend kommen die Kämpfer kräftig ins Schwitzen. Diese klirrenden Präsentationen bringen das Publikum mal eben ins 15. Jahrhundert oder noch weiter zurück. »Mich haben Ritter schon immer interessiert«, bekennt Simon Reister von der Legion, der in seinem anderen Leben im Hohbuch wohnt - jetzt aber das Schwörtagswochenende im Zelt. Ganz entzückend auch entgegen ihres Namens die Plattenwald Barbaren.
Die Männer und Frauen wollen nur spielen, sprich ihre Zuschauer in das 5. Jahrhundert nach Christus mitnehmen. Dazu tragen sie zeitgenössische Kleider und kämpfen ein wenig »mit allem, was wir in die Finger kriegen«, wie Patrick Mahler von den Plattenwald Barbaren erklärt. Im sogenannten normalen Leben arbeitet er bei einem Lastwagenhersteller, es handelt sich also um einen gänzlich modernen Menschen. Aber sie schätzen eben die Vergangenheit mit allem was dazugehört. So riecht es jetzt im Volkspark vor allem nach brennendem Holz und allerlei Gebratenem. (GEA)