REUTLINGEN. Deutlich mehr Menschen als bisher dürfen sich in Reutlingen und Tübingen über einen Zuschuss im Zuge der Wohngeldreform freuen, die ab dem 1. Januar gilt. Für den Reutlinger Sozialamtsleiter Joachim Haas ist das in erster Linie eine positive Nachricht: »Das sind erfreuliche Aussichten für viele Bürger, die die Unterstützung wirklich brauchen. Die Reform soll die Leute motivieren, Anträge zu stellen.« Gleichzeitig ist das neue Wohngeld aber eine große Herausforderung für die Stadt. Deutlich mehr Anträge müssen in kurzer Zeit bearbeitet werden. Noch herrscht viel Unklarheit.
»Ich gehe davon aus, dass sich der Bezieher-Kreis verdreifachen wird, da man ein höheres Einkommen haben darf«, sagt Haas mit Blick auf die Stadt Reutlingen. Statt den bisherigen 950 Haushalten, rechnet die Verwaltung für das neue Jahr mit 2.800 berechtigten Haushalten. Wo die Einkommensgrenze für den Zuschuss genau liegt, kann der Sozialamtsleiter aber noch nicht sagen, da konkrete Zahlen trotz des baldigen Starts am 1. Januar noch fehlen.
Den staatlichen Mietzuschuss können Haushalte beantragen, die zwar keine Sozialleistungen beziehen, trotzdem aber wenig Geld haben. So lautet ist die bisher vage Erklärung. Der Betrag steige durchschnittlich um 190 Euro auf 370 Euro. Für Haas ist mit Blick auf die Bedürftigen außerdem erfreulich: »Wer Wohngeld bekommt, ist auch berechtigt, Kita-Gebühren erstattet zu bekommen und zusätzliches Geld für den Schulbedarf der Kinder zu erhalten.« Die Kosten für das Wohngeld würden zur Hälfte vom Bund und zur Hälfte vom Land getragen.
Klar ist schon jetzt, dass sich sowohl die Zahl der Bezieher als auch der Betrag der Sozialleistung vergrößern wird. Um den höheren Verwaltungsaufwand zu bewältigen, hat die Stadt sechs neue Stellen geschaffen, die nun nach und nach besetzt werden, erklärt Haas. Die Stadtverwaltung sei auf die Herausforderungen gut vorbereitet, lässt er verlauten. Trotzdem sei es nicht abzusehen, ob es zu längeren Bearbeitungszeiten komme.
Landkreis rechnet mit längerer Bearbeitungszeit
Während im Landkreis Reutlingen die Städte Reutlingen und Metzingen selbst um die Anträge kümmern, übernimmt das Landratsamt die Bearbeitung für die weiteren Kommunen. Im Landkreis Reutlingen beziehen aktuell zusätzlich 650 Haushalte Wohngeld. Auch der Landkreis schafft dafür drei zusätzliche Stellen. »Wir rechnen nach den Prognosen des Gesetzgebers mit einer Verdreifachung der Haushalte, die Wohngeld beziehen«, schreibt Pressesprecherin Katja Walter. »Mit einer längeren Bearbeitungszeit muss gerechnet werden«, heißt es weiter. Damit die Haushalte die Zahlungen trotzdem möglichst schnell erhalten, wolle man die im Gesetz eingeräumte Möglichkeit einer vorläufigen Zahlung nutzen.
Unklarheit in Tübingen
»Wir können aktuell nicht abschätzen, wie viele zusätzliche Wohngeldanträge es durch das Wohngeld-Plus-Gesetz in Tübingen geben wird«, schreibt Pressessprecherin Claudia Salden. Verwiesen wird aber ebenfalls auf die Schätzung des Ministeriums, das von einer Verdreifachung ausgeht. »Allerdings haben frühere Reformen einen geringeren Anstieg verursacht als von der Politik angekündigt«, erklärt die Pressestelle der Stadt. Auch in Tübingen wurden zwei zusätzliche Stellen geschaffen, um die Mehrarbeit durch Anträge zu bewältigen. (GEA)