REUTLINGEN. Einen Quadratmeter Lebensraum haben die Menschen in Flüchtlingslagern wie dem auf der griechischen Insel Lesbos. »Moria ist das schlechteste und grauenhafteste Beispiel für den Verfall der Menschenrechte in Europa«, sagte Günter Jung, den Asylpfarrerin Ines Fischer am Donnerstagnachmittag auf dem Reutlinger Marktplatz als »Reutlinger Urgestein des Tags der Menschenrechte« bezeichnete. Aktive der Flüchtlingshilfe, Asylkreise und der Seebrücke wollten mit der Aktion auf dem Marktplatz verdeutlichen, wie unwürdig nicht nur die Lebensbedingungen der Flüchtlinge auf Lesbos sind, sondern laut Fischer auch in anderen Lagern wie in Kroatien und Bosnien. »Und ob in den Zeiten von Corona die Unterbringung der Menschen in Moria menschenwürdig zu nennen sind, ist nochmal eine ganz andere Frage«, so Jung.
»Es kann nicht sein, dass die Länder in Europa einfach dabei zusehen«, betonte die Asylpfarrerin. »Das Warten auf eine gemeinsame europäische Lösung der Flüchtlingsfrage wird sich nicht erfüllen.« Zumal immer deutlicher werde, dass das Versprechen der deutschen Regierung, rund 1500 Geflüchtete aus Moria nach Deutschland zu bringen, nicht eingehalten werde, wie Markus Groda von der Reutlinger Seebrücke ausführte. »Gerade mal 149 Menschen sind bislang in Deutschland angekommen«, so Groda. »Auf allen Ebenen wird verhindert, dass mehr Menschen aus dem Lager verteilt werden, deshalb muss mehr Druck erzeugt werden.« Der Meinung schloss sich Ines Fischer an: »Der Asylpakt für Migration und Flucht der Europäischen Union sieht vor, dass solche Hotspots wie Moria aufrechterhalten werden, um Flüchtlinge schon an den Grenzen der EU abzuweisen.« Das sei ein »politisches Konzept – niemand will die Lager auflösen«, betonte die Reutlinger Asylpfarrerin. Deshalb wurden laut Fischer einen Tag zuvor, also am Mittwoch dieser Woche, die Forderung nach einem Landesaufnahmeprogramm für Geflüchtete direkt ans Stuttgarter Staatsministerium und damit an Landesvater Winfried Kretschmann übergeben. 166 Organisationen aus ganz Baden-Württemberg unterstützten nach den Worten der Asylpfarrerin diese Forderung. (GEA)