REUTLINGEN. Es erinnert irgendwie an den Wilden Westen. Profilbilder von Menschen hängen an den Laternenmasten in der unteren Wilhelmstraße. Layout und Druckqualität sind dürftig, manche Fotos sind schon halb oder ganz abgerissen. Kriegsverbrecher steht unter den Namen. Fehlt nur noch ein Kopfgeld-Hinweis und man würde sich in die USA des 19. Jahrhunderts zurückversetzt fühlen.
Drei Personen sind auf den Plakaten zu sehen. Einer von ihnen ist Baschar al-Assad, der syrische Präsident. Er soll 50 Kinder an einem Tag getötet haben, mehr als 1100 in 14 Monaten, steht in englischer Sprache auf dem Papier. Zwei Syrer, die durch die Innenstadt flanieren, halten an und werfen einen Blick auf die Fotos. Den Präsidenten erkennen sie sofort, die anderen beiden Namen, Ali Mamluk und Jamil Hassan, haben sie noch nie gehört, sagen sie.
Ein Mitarbeiter eines syrischen Restaurants weiß gleich, wer die Männer sind. Vor drei Jahren kam er nach Deutschland, doch er erinnert sich noch genau an ihre Gesichter. Sein Deutsch ist schlecht, sein Englisch auch, trotzdem macht er unmissverständlich klar, was er von Baschar al-Assad, Ali Mamluk und Jamil Hassan hält: »Die sind alle scheiße, total scheiße«, sagt er.
Ali Mamluk gilt als einer der engsten Vertrauten Assads. Außerdem ist er Chef des Geheimdienstes. »Er plant und entwirft Programme und legt sie Assad zur Entscheidung vor«, sagt Luai Hussein, ein prominenter Kritiker der Regierung in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Jamil Hassan ist Chef des syrischen Luftwaffengeheimdiensts. Weil er für systematische Folter und Misshandlung von Inhaftierten in den Gefängnissen verantwortlich sein soll, hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Deutschland vergangenes Jahr einen Haftbefehl gegen ihn wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlassen.
Nicht zum ersten Mal kleben die Fotos der berüchtigten Syrer an den Laternenmasten in der Innenstadt. Der Besitzer eines Dönerladens hat sie vergangene Woche schon gesehen. Bei einer Reinigungsaktion hat die Stadt durch ein Spezialunternehmen alles entfernen lassen. Wer die Bilder angebracht hat, ist unklar. Der Stadtverwaltung ist das Problem bekannt, zuletzt hat sich auch eine Bürgerin beschwert, sagt Pressesprecher Wolfgang Löffler.
Auch das Rathaus sei schon häufiger als Anschlagsfläche für derartige Plakate missbraucht worden sein, sagt Albert Keppler, Leiter des Amts für öffentliche Ordnung. Solche Plakate werden grundsätzlich entfernt, da durch sie zu Hass und Misstrauen aufgerufen werde. Die Polizei sei bereits auf derartige Plakate aufmerksam gemacht worden. Keppler kündigt außerdem an: »Sie können sicher sein, dass die technischen Betriebe bemüht sind, all die ärgerlichen Plakatierungen, Beklebungen und Bemalungen im Rahmen ihres Dienstes immer wieder zu entfernen.« (GEA)