REUTLINGEN. Unter dem Motto #PeopleNotProfit haben sich am Freitagnachmittag laut Veranstalter rund 750 Menschen in Reutlingen am globalen Klimastreik von Fridays for Future beteiligt. Der Protest ist vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine aber mehr als eine Demonstration für Klimaschutz. Getragen wird die Bewegung von überwiegend jungen Aktivisten, die Optimismus ausstrahlen. So wie Rednerin Eva Jünger, die auf dem Marktplatz ruft: »Ich möchte, dass Ihr heute nach Hause geht, und die Welt verändert. Wir können die Welt verändern«.
Der Demonstrationszug startet am Listplatz mit jungen Leute, die ebenso laut wie nachdenklich sind. »Manchmal stelle ich mir schon die Sinnfrage. Es passieren so viele krasse Sachen auf der Welt. Aber es ist trotzdem wichtig fürs Klima auf die Straße zu gehen«, sagt die 16 Jahre junge Patch Röscher. In mit Farbkleksen verzierter Hose und weißen Fellgamaschen an beiden Beinen läuft sie mit. »Ich wollte eigentlich als Eisbär gehen«, erklärt sie die Felldekoration. »Das ist ja aktueller denn je. Die Regierung befindet sich immer noch nicht auf dem Pfad zu einer Erderwärmung von maximal 1,5 Grad«, sagt Aron Kühner (20) auf die Frage, ob diese Fridays-Demos nicht irgendwann mal nur etwas sind, wo man eben hingeht. Er mache sich ernste Sorgen um die Zukunft, »deswegen bin ich ja hier«. Wichtig sind ihm drei Botschaften: »Das wir viele sind. Das wir immer noch laut sind. Das wir nicht aufhören«.
Tatsächlich kann von aufhören keine Rede sein, besser vom Hinhören. Die Sprüche der Demonstranten wie »wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut«, werden in Kriegszeiten ergänzt durch »hoch die internationale Solidarität«. Es sind auch Menschen mit unterwegs, die persönlich von dem betroffen sind, was da in Europa passiert. Marina Perst, 34 Jahre alte Kulturwissenschaftlerin, läuft in schwarzen Klamotten und einem schwarzen aufs Gesicht geschminkten Trauerbalken mit. Ihr Transparent trägt die Aufschrift »Putin zerstört die (Um)Welt «– und zeigt den Russen als Hitler-Fratze. Ihre Schwester lebt und leidet in Putins-Reich, erzählt sie.
Die Route des Demonstrationszuges ist diesmal länger als sonst, führt vom Listplatz über die Karlstraße, durch den Zob und schließlich unter kurzfristiger Haltepause für den Autoverkehr über die Lederstraße und die Wilhelmstraße zum Marktplatz. Dort finden drei Redner zum Abschluss klare Worte. »Bei diesem Krieg geht es auch um fossile Brennstoffe«, sagt Paul Klockenbring, und fordert eine Verringerung der Abhängigkeit von Öl und Gas. »Was muss noch alles passieren, bevor sich etwas tut«, fragt Eva Jünger. Atlas Gotzen fordert, »wir brauchen eine System-Chance«. Am Ende hat der Klimastreik gut zwei Stunden gedauert, war wie immer bunt und friedlich. (GEA)