Kleiner Trost zu Weihnachten

REUTLINGEN. Die Geschenke an Heilig Abend oder der Kneipenbesuch in der Reutlinger Innenstadt an Heilig Morgen – für viele gehören solche Rituale jedes Jahr ganz selbstverständlich zum Leben dazu. Doch es gibt auch eine andere Seite: Menschen, die an diesen Ritualen keinen Anteil haben, weil sie es sich schlicht nicht leisten können. Weil alle Mittel für das tägliche Leben gebraucht werden, weil immer die Sorge vor einer womöglich nötigen größeren Anschaffung im Hinterkopf lauert. Der Verein »GEA-Leser helfen« hat sich zum Ziel gesetzt, dort zu helfen, wo die Not in unserer Nachbarschaft besonders groß ist und staatliche Unterstützung oft nicht greift.

Um nicht zu resignieren, braucht es da schon viel Antriebskraft – und manchmal auch einen Ansporn von außen. Einen Mann hatte die Trennung von seiner Lebensgefährtin schwer mitgenommen. Er musste aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen und bekam nicht mehr viel auf die Reihe. Ohne festen Wohnsitz zog er schließlich von Stadt zu Stadt, bestritt mit Tagesjobs notdürftig seinen Lebensunterhalt. In Reutlingen gelang es mit ihm mithilfe der AWO, wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen. »Nach der langen Zeit der Wohnungslosigkeit wünscht er sich nichts mehr als ein geordnetes Leben«, schrieb seine AWO-Beraterin an »GEA-Leser helfen«.

Er war auf einem guten Weg dorthin, hatte bereits ein eigenes Zimmer gefunden und gerade auch eine Arbeitsstelle. Eines Morgens übersah er auf seinem Fahrrad beim Abbiegen ein Auto. Mehrere Tage musste er im Krankenhaus verbringen, hatte aber Glück im Unglück: Er überstand den Unfall ohne bleibende Schäden. Sein Fahrrad und auch seine Brille allerdings nicht: Beide waren nach dem Zusammenprall völlig hinüber. Um sich Ersatz beschaffen zu können, reichten seine Mittel allerdings noch nicht aus. Der Verein übernahm die Kosten für eine neue Brille und ein gebrauchtes Fahrrad.

Für eine Frau bat eine Familienhelferin um Unterstützung fürs eigenständige Leben. »Sie hat sich vor Kurzem von ihrem sehr gewalttätigen Lebensgefährten getrennt«, schrieb die Betreuerin an den Verein. Darüber hinaus ist die Frau schwer erkrankt und muss sich immer wieder in ärztliche Behandlung begeben. »Dennoch arbeitet sie gerne, auch weil sie ihren Beruf liebt und darin gut sein möchte«, heißt es in dem Antrag weiter. Damit sie künftig ihre Familie eigenständig ernähren und ihre Schichtdienste besser erreichen kann, gab »GEA-Leser helfen« einen Zuschuss zum Führerschein. Eine ältere Frau in ihren Siebzigern bekam über die Jahre immer größere Probleme mit der Wirbelsäule. Mit Grundsicherung und einer kleinen Rente kam sie finanziell gerade so über die Runden. Sie lebte sogar so sparsam, dass sie sich die regelmäßigen Besuche im Schwimmbad leisten konnte, die ihrer Gesundheit so gut taten. Aber darüber hinaus waren keine Reserven mehr vorhanden. »Die Ärzte empfehlen ihr dringend eine neue Matratze, da ihre zwanzig Jahre alt und entsprechend durchgelegen ist«, schrieb eine Mitarbeiterin der Diakonie an den Hilfsverein. Dafür reicht das Geld der Frau allerdings vorne und hinten nicht. »GEA-Leser helfen« übernahm für sie die Kosten der Neuanschaffung der Schlafunterlage und verhilft so hoffentlich zum dringend nötigen Nachtschlaf ohne Schmerzen.

In Fällen wie diesen, wo institutionelle Hilfe nicht greift und die Betroffenen ihre Situation aus eigener Kraft kaum meistern, hat sich der Verein zum Ziel gesetzt, bedürftigen Menschen im Verbreitungsgebiet des Reutlinger General-Anzeigers unbürokratisch zu helfen. Das ganze Jahr über gehen Hilfsanträge ein und werden gesammelt, häufig von Beratungsstellen oder Familienhelfern, immer wieder aber auch von Betroffenen selbst. Mit den Spenden aus der Weihnachtsaktion werden diese Menschen unterstützt. Dabei kommt jeder Cent den Bedürftigen zugute, Nebenkosten trägt der Verlag. (GEA)