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Keine Fahrverbote - »Ein guter Tag für Reutlingen«

Keck, Hotz und Tappeser fahren vergnügt nach Hause – aber mit viel Arbeit vor sich

Simsonplatz 1 in Leipzig: Der siebte Senat rügte zwar die Reutlinger, wendete ein Fahrverbot aber ab.  FOTOS: CONZELMANN
Simsonplatz 1 in Leipzig: Der siebte Senat rügte zwar die Reutlinger, wendete ein Fahrverbot aber ab. Foto: Hans Jörg Conzelmann
Simsonplatz 1 in Leipzig: Der siebte Senat rügte zwar die Reutlinger, wendete ein Fahrverbot aber ab.
Foto: Hans Jörg Conzelmann

LEIPZIG/REUTLINGEN. Als Profi lässt man nicht gleich die Sektkorken knallen, jedenfalls nicht vor Publikum. Dennoch entspannten sich die Mienen der Reutlinger Delegation, die nach Leipzig gereist war, um ihren Einfluss geltend zu machen, soweit das überhaupt möglich war. Allein die starke Besetzung des Teams deutete darauf hin, welches Gewicht man diesem Urteil beimaß. Ein Urteil ganz im Sinn der Reutlinger: kein Dieselfahrverbot. Die Erleichterung war der Verwaltungsspitze anzusehen. Denn noch am Anfang der Verhandlung war eher Pessimismus zu spüren. Umso größer die Freude am Schluss.

Lob für Rathausteam und Räte

Für Oberbürgermeister Thomas Keck wird das Urteil den Bemühungen der Stadt gerecht, ja es würdige geradezu die Bemühungen. »Um so weit zu kommen, haben wir als Stadt große Anstrengungen auf uns genommen.« Er wäre kein guter OB, würde er in diesem Moment nicht seine Mannschaft loben – »das außerordentliche Engagement unserer Rathaus-Frau- und Mannschaft sowie die Entschlusskraft unseres Gemeinderats«. Beiden sei der gestrige Erfolg zu verdanken. Am Ende stand ein zwar oft gebrauchtes, aber in diesem Moment dennoch stimmiges Fazit des OB: »Es war ein guter Tag für Reutlingen.«

Erste Bürgermeisterin Ulrike Hotz gab sich »zuversichtlich, dass der Grenzwert eingehalten wird« – genau das erwartet das Gericht. Schließlich habe man die Schadstoffe in den vergangenen zehn Jahren halbiert. Hotz zeigte sich froh, dass die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibe – eine Abwägung der Gesundheit der Reutlinger und der Interessen der Verkehrsteilnehmer, auch der Wirtschaft, müsse stattfinden. Was am Ende freilich als Ziel verankert bleiben müsse, sei die Verbesserung der Luftqualität.

Regierungspräsident Klaus Tappeser hatte schon vor dem Urteil so eine Ahnung. Schließlich sei man am Ende des Jahres unter dem Grenzwert, dann wäre es doch unsinnig, zwischenzeitlich noch Fahrverbote zu verhängen. Auch Tappeser sprach vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Luftreinhalteplan müsse nun selbstverständlich fortgeschrieben werden – »eine Menge Arbeit liegt vor uns«.

Ähnliche Töne kamen auch aus dem fernen Reutlingen nach Leipzig. "Das Urteil stärkt Reutlingen als Wirtschaftsstandort und Einkaufsstadt", begrüßt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Epp die Entscheidung. "Die IHK habe in der Diskussion um das Fahrverbot immer darauf hingewiesen, dass die Erreichbarkeit der Reutlinger Betriebe gewährleistet bleiben müsse und Fahrverbote der heimischen Wirtschaft schaden. Die jetzige Entscheidung eröffne der Stadtverwaltung einen guten Spielraum, ihre jüngsten Anstrengungen zur Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte weiterzuführen.

Schließlich meldete sich aus Stuttgart auch Landesverkehrsminister Winfried Hermann zu Wort. Das Urteil habe für Rechtssicherheit gesorgt. Es sei nun klar, dass der EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft gilt. Daran müsse auch das Land seine weiteren Schritte in der Luftreinhaltung ausrichten. Insofern habe das Revisionsverfahren Klarheit geschaffen und Grenzwertdebatten beendet. Das Bundesverwaltungsgericht habe zugleich klargemacht, dass auf Verkehrsverbote verzichtet werden könne, wenn es eine Prognose auf hinreichend sicherer Grundlage gebe, dass der Grenzwert in Kürze eingehalten werde.

Bezogen auf Reutlingen werde nach einem aktuellen Gutachten aufgrund zahlreicher vom Land und von der Stadt ergriffener Maßnahmen der EU-Grenzwert im Jahr 2020 auch ohne Verkehrsverbote eingehalten werden. »Unsere Luftreinhaltepolitik in Baden-Württemberg ist erfolgreich.« Während in Baden-Württemberg im Jahr 2018 noch in 14 Städten die Grenzwerte für Stickstoffdioxid überschritten worden seien, sei dies im Jahr 2019 nur noch in vier Städten des Landes der Fall. (co)