REUTLINGEN. »So viel Ehre, und ich kann doch gar nichts dafür.« Erika Kraft kommentierte die Würdigung der Tatsache, dass Menschen altern, gestern mit nüchternen Worten. Dennoch ist der 101. Geburtstag, den Erika Kraft am Sonntag beging, hinreichend Grund zu feiern. Dass das Geburtstagskind in so guter Verfassung ist, ist ein weiterer Grund zur Freude.
Am gestrigen Montag überbrachte Sozialbürgermeister Robert Hahn die Glückwünsche von Oberbürgermeisterin Barbara Bosch und eine Präsenttüte in das Seniorenzentrum am Markwasen.
»Richtig« leben
Hahn versuchte, der Jubilarin beim Plauschen bei Sekt das Geheimnis zu entlocken, wie man – bei so guter Gesundheit – so alt wird. Erika Kraft hat keines. »Man kann nichts dafür tun«, findet sie. Wichtig sei aber, dass »man so lebt, wie man es für richtig hält«.
Wandern auf der ganzen Welt war eines ihrer großen Hobbys. Die Touren sind klein geworden, ohne Rollator geht nichts mehr. Doch das Spazierengehen auf dem Gelände der Diakonie steht weiter fest auf dem Programm.
Malen und Scherenschnitte: Auch ihrer künstlerischen Ader frönt die 101-Jährige weiterhin. Erzieherin und Krankenschwester hat sie gelernt und eine Zusatzausbildung in Geburtsvorbereitung absolviert.
20 Jahre gab sie Geburtsvorbereitungskurse im Haus der Familie. Bis ins hohe Alter bildete sie sich selbst fort, besuchte Vorträge, mit 85 machte sie einen Volkshochschulkurs in Englisch. Ihre Aufgeschlossenheit für Neues hat sich Erika Kraft spürbar erhalten.
Die gebürtige Stuttgarterin freut sich über drei Kinder, vier Enkel, sechs Urenkel, der Älteste ist 17 Jahre alt. Ihren Mann, den Pfarrer Alfred Kraft, verlor sie früh. Er starb mit 50 an Krebs.
Der Vorstandsvorsitzende der Bruderhaus-Diakonie, Lothar Bauer, lobte die Jubilarin als Gewinn für die Gemeinschaft und die Betreuenden: Sie ruhe in sich selbst und in ihrem Glauben. »Frau Kraft macht es uns leicht.«
Lothar Bauer nutzte die Gelegenheit auch, um das Konzept in der Ringelbachstraße 225 zu rühmen, das betreutes Wohnen und Pflegeheim verknüpft: Die Betroffenen könnten so in ihrem vertrauten Umfeld bleiben, wenn sie nicht mehr alleine zurechtkommen. (igl)