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Aktuell Gebäudereinigung

Inflations-Ebbe im Portemonnaie im Landkreis Reutlingen

Im Kreis Reutlingen gibt es 53 Betriebe der Gebäudereiniger-Branche. Kritik an den Arbeitgebern

Geldbeutel
Viele Menschen belastet die momentane wirtschaftliche Lage. Foto: Mirgeler/dpa
Viele Menschen belastet die momentane wirtschaftliche Lage. Foto: Mirgeler/dpa

REUTLINGEN. Ein Problem lässt sich in der Gebäudereinigung nicht mehr wegwischen: Im Landkreis Reutlingen gibt es 53 Betriebe der Gebäudereiniger-Branche. »Wer da arbeitet, hat ein massives Problem – und zwar im Portemonnaie«, sagt Andreas Harnack. Der Regionalleiter der Gewerkschaft IG Bau Baden-Württemberg übt heftige Kritik an den Arbeitgebern: »Wenn es darum geht, die Härte der Inflation abzufedern, zeigt die Reinigungsbranche den eigenen Leuten die kalte Schulter.« Es gebe für die, die den Kreis Reutlingen sauber halten, in den meisten Betrieben keinen Euro und keinen Cent extra: »Inflationsausgleichsprämie für Reinigungskräfte – Fehlanzeige!«

Niedriglohn: Jeden Euro zweimal umdrehen 

Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks sei nicht einmal zu Gesprächen bereit. Dabei sei die finanzielle Situation der meisten Reinigungskräfte dramatisch: »Bei ihnen herrscht ›Inflations-Ebbe‹ im Portemonnaie. Hier geht es nämlich um Menschen, die die Inflation mit voller Wucht trifft. Wer in der Gebäudereinigung arbeitet, muss ohnehin jeden Euro zweimal umdrehen. Denn Reinigungskräfte arbeiten immer noch für einen Niedriglohn«, sagt der Leiter der IG Bau Baden-Württemberg.

Betroffen davon seien viele: Im Kreis Reutlingen arbeiten rund 1.780 Menschen in der Reinigungsbranche, so die IG Bau Baden-Württemberg. Die Gebäudereiniger-Gewerkschaft beruft sich auf Zahlen der Arbeitsagentur.

Viele Kündigungen in der Branche 

»Sie halten Schulen, Büros und Arztpraxen sauber, wischen Flure, saugen Teppichböden und putzen Fenster. Die Frage ist nur: Wie lange noch?«, sagt Harnack. In der Reinigungsbranche herrsche längst ein »eigenes Inflationsgesetz«: »Hohe Inflationsrate – hohe Kündigungsrate. Denn je größer das Loch, das die Inflation in die private Haushaltskasse reißt, desto größer ist der Druck, der Branche den Rücken zu kehren«, so der IG Bau-Regionalleiter.

Vollzeitkräfte und vor allem aber auch Mini-Jobber hätten kein Problem, woanders unterzukommen: »Die Gastronomie sucht genauso wie der Einzelhandel händeringend Leute«, sagt Andreas Harnack. Er warnt, die Arbeitgeber der Gebäudereinigung spielten »ein gefährliches Spiel«: »Sie sind dabei, ihr wichtigstes Kapital zu verpokern: Die Menschen, die für sie eine saubere Arbeit machen.«

Lebensmittelpreise schießen durch die Decke 

Monat für Monat wachse der finanzielle Druck auf die Beschäftigten der Gebäudereinigung. Bei Lebensmitteln seien die Preise »geradezu explodiert«. Die Sommerstatistik bezeichnet Harnack als »erschreckend«: »Ein Preisschub von über 27 Prozent bei Nahrungsmitteln innerhalb von nur zwei Jahren – das schlägt eins zu eins durch. Denn wer in der Gebäudereinigung arbeitet, der hat kein Polster im Portemonnaie.«

An die heimischen Bundestagsabgeordneten appelliert die IG Bau Baden-Württemberg, den "Warn-Notruf der Gebäudereinigung" mit nach Berlin zu nehmen. "Denn dass es in einer ganzen Branche vor Inflationsausgleichsprämien-Verweigerern nur so wimmelt, ist zum Beispiel auch bei der Strompreisbremse ein wichtiger Punkt. Dann nämlich, wenn es darum geht, dass der Staat auch für das kommende Jahr den Fuß auf der Preisbremse behält. Denn sollte der gedeckelte Preis für Strom Ende dieses Jahres auslaufen, dann würde dies gerade die Beschäftigten der Gebäudereinigung hart treffen. Da bleibe nur der Ruf nach staatlicher Hilfe, sagt Andreas Harnack. (eg)