REUTLINGEN. 52 Firmen aus Reutlingen, die in der Industrie- und Handelskammer (IHK) engagiert sind, haben sich innerhalb von einer Woche an einer Blitzumfrage der IHK beteiligt. Sie zeigt: Bei einer möglichen Gewerbesteuererhöhung befürchten fast 89 Prozent der Befragten wirtschaftliche Folgen für ihr Unternehmen, bei einer Grundsteuererhöhung sind es über 75 Prozent. Ganz ähnlich sieht es bei den Folgen auf die Investitionsbereitschaft und -pläne aus: Fast 81 Prozent gehen von weniger Investitionen bei einer Gewerbesteuererhöhung aus, bei einer Grundsteuererhöhung sind es über 70 Prozent.
»Diese Ergebnisse belegen noch einmal, dass die Planungen für die Steuerhöhungen zur Unzeit kommen und ein falsches Signal an die Reutlinger Unternehmen aussenden«, sagt Johannes Schwörer, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des IHK-Gremiums Reutlingen. »Wir sind im engen Dialog mit der Stadtverwaltung zur Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts und werden diesen fortsetzen«, so Schwörer weiter.
Die IHK hat die Ergebnisse der Umfrage mit der Reutlinger Verwaltungsspitze besprochen und noch einmal auf die schwierige Gesamtlage vieler Unternehmen am Standort hingewiesen. »Die Erhöhung der Gewerbesteuer bringt weniger als ein Prozent des städtischen Haushalts ein. Dafür sollte die Stadt nicht die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen am Standort gefährden«, mahnt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Epp.
Strukturelle Schwäche
Reutlingen muss aus Sicht der IHK nun eine Durstrecke überstehen, die hausgemacht ist, weil man die Gewerbeflächenentwicklung in Teilen stiefmütterlich behandelt hat. »Wir haben in Reutlingen derzeit eine strukturelle Schwäche«, sagt Epp, »Mahden II etwa hätte man realisieren müssen, bei allem Verständnis für die damaligen Gegenargumente, um Firmen anzusiedeln oder bestehende Betriebe erweitern zu können und letztlich auch Steuereinnahmen zu erhalten.«
Umfragen der IHK zeigten immer wieder, dass die Grund- und die Gewerbesteuer sehr wichtige Standortfaktoren seien, sagt Epp. »Aus vielen Wortmeldungen nehmen wir mit, dass die örtliche Wirtschaft die Steuererhöhung als wenig kreativ und als kaum zukunftsgerichtete Maßnahme ansieht.« Zwar könnten sich 55 Prozent der Befragten eine auf ein Jahr befristete Steuerhöhung vorstellen. Eine Befristung von zwei Jahren findet nur bei 32 Prozent Zustimmung. »Das zeigt die Solidaritätsbereitschaft der Firmen. Tatsächlich können wir uns einer befristeten Erhöhung aber nicht anschließen, weil sie zum einen in der Realität dann doch nicht zurückgenommen wird und zum anderen nichts am Strukturproblem der Stadt Reutlingen ändert. Reutlingen braucht einfach mehr Firmen, die zur Gewerbesteuer veranlagt werden.« (ihk)
ÜBER DIE UMFRAGE
Für die Bildung und die Erhaltung der Infrastruktur
Die Stadtverwaltung von Reutlingen hat Ende März ihren Entwurf für den Doppelhaushalt 2021/2022 vorgestellt. Demnach soll die Gewerbesteuer von 380 auf 410 Hebesatzpunkte und die Grundsteuer von 400 auf 500 Hebesatzpunkte erhöht werden.
Die Industrie- und Handelskammer hat daraufhin in einer Blitzumfrage Reutlinger Unternehmen aus dem Ehrenamt der IHK anonym und online zu den Folgen befragt. Sie wies dabei auch darauf hin, dass die Stadt Reutlingen die Mehreinnahmen vor allem für Investitionen in Bildung und den Erhalt von Infrastruktur stecken wolle. Die Umfrage lief vom 13. bis 20. April, 52 Firmen nahmen teil. (ihk)