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Aktuell Geschichte

Geschützfeuer vor Reutlingen

Mit dem Angriff Herzog Ulrichs auf die Freie Reichsstadt beginnt der Geschichtsverein sein Jahresprogramm

Landsknecht vor Reutlingen. Stich aus »Wapen des Heyligen Römischen Reichs Teutscher Nation«, Frankfurt 1545. BILD: STADTARCHIV
Landsknecht vor Reutlingen. Stich aus »Wapen des Heyligen Römischen Reichs Teutscher Nation«, Frankfurt 1545. BILD: STADTARCHIV Foto: Verein
Landsknecht vor Reutlingen. Stich aus »Wapen des Heyligen Römischen Reichs Teutscher Nation«, Frankfurt 1545. BILD: STADTARCHIV
Foto: Verein

REUTLINGEN. Ende Januar 1519, bei bitterer Kälte, erschütterte Geschützfeuer die Reutlinger Bürger. Herzog Ulrich von Württemberg stand drohend vor den Stadttoren und forderte die Unterwerfung der freien Reichsstadt. An dieses 500 Jahre zurückliegende Ereignis, das eine ganze Lawine politischer Reaktionen im gesamten süddeutschen Raum auslöste, erinnert der Reutlinger Geschichtsverein mit dem ersten Vortrag des neuen Halbjahresprogramms.

Am 28. Januar spricht Professor Dr. Franz Brendle aus Tübingen um 20 Uhr in der VHS Reutlingen zu Herzog Ulrich und seinem auch in Volkslieder eingegangenen Versuch, die Reichsstadt Reutlingen zu kapern. Ulrich hatte indes diesmal den Bogen überspannt, denn auf eklatante Weise setzte er sich mit seiner Attacke über den kaiserlichen Landfrieden und die Rechtsordnung des Reiches hinweg.

Buchdruck und Architektur

Durch den Überfall auf Reutlingen forderte er nicht nur den Kaiser, sondern auch den Schwäbischen Bund heraus, der den Angriff auf ein Bundesmitglied nicht ungestraft hinnehmen konnte. So geriet der Geschützdonner vor Reutlingen zum Fanal einer großen Herrschaftskrise in Württemberg, an deren Ende der Herzog aus seinem Land vertrieben wurde und für 15 Jahre im Exil verblieb.

Franz Brendle ist Professor am Seminar für Neuere Geschichte der Universität Tübingen und ein ausgewiesener Fachmann für die württembergische und oberdeutsche Geschichte im 16. und 17. Jahrhundert.

Weiter geht es mit dem traditionellen Schiedweckenabend am 20. März in der Stadthalle. An diesem Abend spricht Dr. Stefan Knödler aus Betzingen über »Reutlinger Buchdruck und schwäbische Romantik« und gibt dabei Einblicke in die Produktion der äußerst populären und weitverbreiteten Volksbücher in Reutlinger Verlagen des 19. Jahrhunderts. Weitere Vorträge widmen sich der Kunstgeschichte und Archäologie. Die Reutlinger Kunsthistorikerin Dr. Bärbel Schwager stellt am 9. April die Reutlinger Christuskirche von 1935/36 und ihren Architekten Hannes Mayer vor. Anhand der Unterlagen in kirchlichen Archiven hat sich Frau Dr. Bärbel Schwager auf die Spur der Vorgeschichte und Realisierung dieses städtebaulich markanten Bauwerks in der Tübinger Vorstadt gemacht, das in den Jahren des Nationalsozialismus für die anwachsende evangelische Bevölkerung Reutlingens trotz knapper Kassen geschaffen worden ist. Neben dem Blick auf den Architekten Hannes Mayer richtet sich das Augenmerk auch auf die weitere kirchliche Bautätigkeit in Württemberg vor dem Zweiten Weltkrieg.

Am 13. Mai berichtet Sybil Harding »Von Kellern und Gruben«. Die Tübinger Archäologin präsentiert damit die Ergebnisse einer neunmonatigen Stadtkerngrabung auf dem Reutlinger Katharinenhofareal im Jahr 2018. Die Ausgrabungen zwischen Katharinen- und Hofstattstraße erlaubten einen Einblick in die spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Bebauungsgeschichte vor dem Stadtbrand von 1726. Darüber hinaus ergaben sich Hinweise auf die Frühphase der Siedlung Reutlingen, die bis in die karolingische Zeit zurückreichen.

Der Schwörtagsvortrag am 12. Juli wird in diesem Jahr durch Professor Dr. Eva-Maria Seng von der Universität Paderborn bestritten. Vor dem Hintergrund einer gemeinsamen Initiative der Städte Esslingen, Reutlingen und Ulm, die »reichsstädtischen Schwörtagstraditionen« als immaterielles Kulturerbe eintragen zu lassen, wird sich die aus dem Schwäbischen stammende Kunst- und Kulturhistorikerin mit dem Schwörtag unter dem Aspekt des immateriellen Kulturerbes auseinandersetzen.

Ausfahrten zu den Kelten

Die gemeinsam mit der Volkshochschule vorbereiteten Ausfahrten des Vereins haben diesmal einen archäologischen Schwerpunkt und führen zu herausragenden keltischen Museen und Ausgrabungsstätten in der Region. Überdies setzt die ehemalige Kreisarchivarin Irmtraud Betz-Wischnath am 23. Juni die Erkundung des ehemaligen Zwiefalter Klostergebiets fort. Bereits am 18. Mai geht es mit der Kunsthistorikerin Barbara Krämer ins thurgauische Ittingen, wo das Leben in einem spätmittelalterlichen Kartäuserkloster anschaulich nachvollzogen werden kann. Das ganze Programm gibt’s im Internet und bei der Geschäftsstelle im Stadtarchiv, Marktplatz 22. (eg)

 

07121303 2386 www.reutlinger-geschichtsverein.de