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Aktuell Randnotiz

Fossile Grüße aus Reutlingen

Das Reutlinger Stadtmarketing setzt Maßstäbe der Hoffnung mit bemerkenswertem Stadtgrün.

Stadtgrün fossil.
Stadtgrün fossil. Foto: igl
Stadtgrün fossil.
Foto: igl

REUTLINGEN. Die »Biosphärenstadt Reutlingen« – weithin berühmt für ihre Lage als eine der wenigen europäischen Großstädte in einem UNESCO-Biosphärenreservat – soll einst ein grünes Wunder auf einer verödenden Erde werden. Eine blühende Oase auf einer vom Klimawandel ausgesuckelten Dörr-Pflaume, die durchs Weltall trudelt.

Das Reutlinger Stadtmarketing StaRT setzt dafür schon jetzt Maßstäbe der Hoffnung mit der »Erlebniswoche zur Apfelblüte«. Ein Highlight darin ist die mobile »Wanderbaumallee«. Sie spendet in der Häuserschlucht der Katharinenstraße Trost, Schatten und die Verheißung, dass wir Reutlinger klimaresilient bleiben bis in den letzten Jahresring unserer Seele. Heimische Äpfelbäumchen sind ins Zentrum der zwölf mobilen, von einer familiengeführten lokalen Schreinerei liebevoll zusammengezimmerten Holzbänke gepflanzt – mit der frohen Botschaft: Wenn’s mal eng wird mit den globalen Versorgungsketten, haben wir bis zum jüngsten Gericht noch immer unser lecker Apfelmus von heimischen Streuobstwiesen.

Stadtgrün mobil.
Stadtgrün mobil. Foto: igl
Stadtgrün mobil.
Foto: igl

Nun hat sich die Apfelblüte für die namensgebende Eventwoche nicht wirklich an den Zeitplan des Stadtmarketings gehalten. Doch die Werbestrateg/inn/en vom Albtorplatz fahren klug zweigleisig mit einem witterungsunabhängigen Highlight der Hoffnung: An der Marienkirche und im Heimatmuseumsgarten sind dieser Tage zwei zwei Meter hohe Pflanzwände erblüht – aus Plastik. Sie sollen laut Beipackzettel der Stadtvermarkter als »Fotopoint« dienen, als Hintergrundtapete für »wunderschöne Erinnerungsfotos« – für Touristen beispielsweise.

Chapeau: Kein kostbares Trinkwasser muss an die Pop-Up-Grünflächen verschwendet, kein nachbarschaftliches Engagement für kontinuierliche Bewässerung angezapft werden. Und am Ende der Saison wird StaRT-Geschäftsführerin Anna Bierig das florale Fossil – ääähmm die fossile Flora – in den Geschäftsräumen am Albtorplatz überwintern und im Frühjahr nach dem Abstauben erneut aufstellen.

Vielleicht wandert die Polyesterpracht aber auch in den Gelben Sack. Was die Reichweite der G’stellasch unter Marketing-Gesichtspunkten nochmals deutlich erhöhen würde. Ginge doch ein Stück Reutlinger Stadt-DNA als Fitzele auf Reisen. Als Mikroplastik in die Weltmeere.