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Impfpflicht ab 60: So würde Palmer sie durchsetzen

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer wirbt bei der ARD-Talkshow »Maischberger« für eine Impfpflicht ab 60. Er ist sich sicher, dass Kommunen diese durchsetzen könnten. Etwa mit einem Bußgeld in Höhe von 5.000 Euro.

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. FOTO: WEISSBROD/DPA
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. FOTO: WEISSBROD/DPA

KÖLN. Kann eine Impfpflicht die Corona-Pandemie beenden? Ist sie überhaupt umsetzbar? Darüber haben Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) und Linda Teuteberg (FDP) in der ARD-Sendung von Sandra Maischberger diskutiert. Die Meinung von Teuteberg ist klar: Die Bundestagesabgeordnete ist zwar fürs Impfen, aber gegen eine Impfpflicht. »Diese schützt nachweislich nicht vor einer Ansteckung. Deshalb halte ich es nicht für verhältnismäßig«, sagt Teuteberg mit Verweis auf das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit.

Aber wenn sich die Leute nicht überzeugen lassen, sollte man sie dann zwingen? Diese Frage richtet Moderatorin Maischberger an Palmer. »Wir haben alles getan, die Argumente liegen auf dem Tisch«, antwortet der. Nun würde man kaum noch jemanden zu einer Erstimpfung überzeugen können. Palmer befürchtet wegen der »Omikron-Welle«, dass die Betriebsfähigkeit der Krankenhäuser überlastet werden könnte. Für ihn würde eine Impfpflicht auch einen erneuten Lockdown verhindern, bei dem beispielsweise Restaurants und Schulen geschlossen werden müssten. »Deshalb ist eine Impfpflicht jetzt die richtige Antwort.«

Teuteberg gibt Palmer contra

Teuteberg sieht das anders und wiederholt ihre Argumente, dass eine Impfung nicht davor schützt, sich selbst zu infizieren und dann andere anzustecken. Die FDP-Politikerin wirft zudem die Frage in den Raum, wie eine Impfpflicht denn überhaupt umgesetzt werden sollte. »So sehr ich das wichtige Ziel teile, so sehr ist eine Impfpflicht das falsche Instrument dafür.« Sie warnt zudem davor, dass bei der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht, dass Vertrauen in die Politik vollends zerstört werden könnte, da diese zu Beginn der Pandemie von Seiten der Bundesregierung noch kategorisch ausgeschlossen worden ist.

Palmer gibt zunächst kein Gegenargument ab, sondern stellte zuerst klar, dass er gar nicht von einer allgemeinen Impfpflicht spreche, sondern von einer für die Risikogruppe ab 60 Jahren. »Das würde schon die Belastung des Gesundheitssystems um ein Drittel reduzieren.« Zweitens gehe es ihm nur um eine Grundimmunisierung. »Mehr brauchen wir nicht, um den Übergang in die endemische Situation zu schaffen.« Und schließlich gehe es bei der Impflicht nicht darum, die Infektionswelle aufzuhalten. Eine Impfpflicht für die Risikogruppe würde das Risiko von schweren Verläufen insgesamt niedrig halten, ist sich der Grünen-Politiker sicher. »Damit kann man einen Lockdown vermeiden, was ein viel schlimmerer Eingriff wäre.«

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Maischberger stellt nun Palmer die Frage: Wie würde er die Impfpflicht ab 60 einführen? Tübingens OB hält die Umsetzbarkeit für »völlig unproblematisch«: »Wenn Leute wüssten: Es kostet 5.000 Euro ungeimpft zu sein bis in vier Wochen, dann hätten wir 98 Prozent Impfquote«. 100 Prozent Gesetzeserfüllung würde man auch in anderen Bereichen niemals erreichen. »Die brauchen wir gar nicht.« Mit 95 Prozent wäre er zufrieden. »Wenn wir es schaffen, die drei Millionen über 60, die bisher nicht geimpft sind, zu impfen, haben wir ein Drittel weniger in den Krankenhäusern. Es sind so wenige, an denen das alles hängt, dass ich die Bedenken gerne mal zurückstellen würde.« 

Palmer: »Die Umsetzung bekommen wir hin in den Kommunen«

Palmer sagt auch: »Die Umsetzung bekommen wir hin in den Kommunen. Das verspreche ich.« Wie genau, dass verriet Palmer nicht. Er stellte nur klar, dass er niemand ins Gefängnis stecken würde. In einem Facebook-Posting hatte er einmal für Beugehaft für Impfunwillige geschrieben. Dies relativierte er bei Maischberger nun. Er sei aufgrund eines Facebook-Kommentares sauer gewesen und habe es so nicht gemeint.

Teuteberg hält die Impfpflicht für gefährlich: »Ich glaube man erzeugt damit mehr Trotz und Widerstand. Diejenigen, die nicht zu überzeugen sind, werden eher noch aggressiver und bei anderen erzeugt man nicht gerade die Bereitschaft, sich beraten zu lassen.« Ähnlich hatte Palmer selbst im Oktober 2021 in einer Talkrunde bei Maybritt Illner argumentiert. Damals kritisierte er die 2G-Regeln als Impfzwang durch die Hintertüre und sagte, dass sich Menschen mit Anreizen und Überzeugung eher impfen lassen würden, als mit Druck.

Zurück zur jüngsten Debatte: Das Argument, dass mit der Einführung der Impflicht das Vertrauen in die Politik zerstört werden könnte, lässt Palmer nicht gelten. »Es passiert doch oft, dass Politiker ihre Meinung ändern.« Er sieht die Gefahr viel größer, wenn der Staat keine Ergebnisse in der Bekämpfung der Pandemie liefere. »Wenn die Omikron-Welle durch ist, brauchen wir die Impfpflicht nicht.« Ob eine Impflicht kommt, fragt Maischberger in Richtung des Grünen-Politikers. »Wenn dann zu spät.« (GEA)