MÜNSINGEN. Künstler und Kulturschaffende haben unter Corona besonders gelitten. Aus diesem Grund hat das Ministerium für den ländlichen Raum in Baden-Württemberg ein Förderprogramm für die Kulturszene aufgelegt. Edith Koschwitz von der Kulturwerkstatt BT24 im Albgut hat sich darum beworben und nun das Kulturprojekt »Kunst.Land« gemeinsam mit zahlreichen Künstlern für Münsingen auf die Beine gestellt. »Es gibt so viele leer stehende Gewerbeflächen in der Innenstadt. Die machen wir uns nun als Ausstellungsflächen und Kunstateliers zunutze«, erklärt sie.
Der Kultursommer beginnt am Freitag, 23. Juli und endet am Sonntag, 12. September. Die ausgewählten Orte sind von Donnerstag bis Sonntag geöffnet, zumeist von 11 bis 18 Uhr. Ab 31. Juli gibt es jeden Samstag auf der Rathausbühne Live-Musik mit Snacks und Getränken. »Uns ist es wichtig, dass Menschen nicht zur Kunst kommen, sondern die Kunst zu den Menschen. Sie können vorbeigehen und schauen, hereinkommen und sich informieren, bleiben und weitergehen«, so Koschwitz.
Einigung mit Eigentümern
Für sie war es eine Herausforderung, mit den Eigentümern der leer stehenden Flächen einig zu werden: »Man könnte noch viel mehr belegen, aber manche verlangen eine wahnsinnig hohe Miete und andere haben kein Interesse«. Ist ein Ausstellungsort geöffnet, steht das »Kunst.Land«-Objekt aus der Metallwerkstatt von Finn Hamer vor der Tür.
Auch die Kulturwerkstatt BT24 im Albgut zählt mit Ausstellungen in der Druckwerkstatt und in der Galerie dazu. Ein Vorbeikommen kann mit einem Besuch in den Manufakturen, im Albmaler-Museum und in der Gastronomie verbunden werden. Offiziell wird der Kultursommer am Sonntag, 25. Juli, um 15 Uhr auf dem Rathausplatz durch Schirmherr Mike Münzing, Landrat Dr. Ulrich Fiedler und Minister Peter Hauk eröffnet. Aber schon am Freitag, 23. Juli, startet das erste Kunstwochenende.
Im Ausemländle gibt es zum Auftakt Workshops rund um Materialien aus der Natur mit Julia Schumacher und Christiane Ludwig-Wolf, ein Wochenende später mit Anett Frey und Helen Gramlich. In der zweiten Phase entsteht hier eine Bilderserie durch Ava Smitmans. Auch im Büro Neff in der Bachwiesenstraße 2 ist mitmachen angesagt. Die Medien-Künstler Monika Schuh-Wibmer und Andreas Konitzer laden zu einer interaktiven Urlaubsreise an ein unbekanntes Ziel ein. »Wir bringen Leute nicht an Orte, sondern die Orte zu den Leuten«, sagt Konitzer. Bilder von Besuchern werden in vorgefertigte Postkarten hineinmontiert und über einen QR-Code auf deren Handys gezogen. »Ein bisschen wollen wir damit auch auf die Reisesituation während Corona reagieren und Medienkritik an Influencern üben«.
Collagen aus Weggeworfenem
Darüber hinaus werden auf zwei Monitoren Bilder mittels Videoshow von Schuh-Wibmer gezeigt und die Besucher können an einem Gewinnspiel teilnehmen. Beide Künstler sind lediglich an den Sonntagen 25. Juli, 8. August und 5. September von 14 bis 18 Uhr vor Ort.
Im Obergeschoss der Volksbankfiliale, Hauptstraße 31, findet während der ersten Phase die Fotoausstellung »Ein Stück Himmel« von Markus Wilke und Emilia Horpacsi statt, außerdem gibt es einen Workshop zu Fotowalk und Bildbearbeitung. Lukas Sabo lässt hier einen Film über Münsingen entstehen, an dem Besucher einen wesentlichen Anteil haben werden. Einige Wochen später gibt es hier regionale Kunst zu bestaunen.
Das Interesse der Münsinger hat bereits während des Aufbaus die Kunst in der ehemaligen Postfiliale in der Uracher Straße 5 geweckt. Der schöne große, zentral gelegene Raum eignet sich hervorragend als Ausstellungsraum, unter anderem für den Münsinger Künstler Edgar Braig. Passanten sind neugierig: »Genau so ist es gedacht«, freut er sich über das große Interesse und die Möglichkeit, seine Skulpturen »Rüben essen Rosen« und »Kafkas Rudel« präsentieren zu können. »Jeder Mensch nähert sich der Kunst anders an. Mir geht es darum, zu irritieren. Das gelingt mir ganz gut«, findet Braig. Er wird zeitweise vor Ort arbeiten und aus achtlos weggeworfenen Gegenständen Montagen und Collagen kreieren. Zu sehen sind auch Bilder aus Beton und Acryl von Bedriye Caliskan und gestrickte Fantasie-Figuren von Wolfgang Rätz.
Es empfiehlt sich, auf jeden Fall das Programmheft genau zu studieren, denn nach einigen Wochen wechseln die Künstler an den Ausstellungsorten. Einen festen Termin gibt es jeden Samstag um 17 Uhr mit Musik und Tanz auf der Rathausbühne. Sandra Linsenmayer konnte dafür verschiedene Künstler unterschiedlicher Genres gewinnen. Insgesamt sind an diesen sieben Kunst- und Kulturwochen rund 40 Kunstschaffende beteiligt. Sie bieten ein breites Spektrum von Bildender Kunst über Medienkunst, Film, Fotografie bis hin zu Musik und Tanz. (GEA)